Auto und Verkehr

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Auffahrunfall eines Rennradlers

Abstandsregeln gelten auch für Radfahrer: Kein Mitverschulden des bremsenden Autofahrers

Ein Radsportverein veranstaltete für seine Mitglieder ein Zeitfahren, bei dem die Teilnehmer im Abstand von einer Minute nacheinander starteten. Der Wettbewerb fand auf öffentlichen Straßen statt, die für den übrigen Verkehr nicht gesperrt waren. Bis auf etwa 15 Meter hatte sich Radfahrer A auf gerader Strecke dem vor ihm gestarteten B genähert, als B nach links schwenkte, um einen Opel zu überholen. Das Auto fuhr mit ca. 30 km/h in die gleiche Richtung wie die Radfahrer.

Aus ungeklärten Gründen stieß B beim Überholen mit dem Rad gegen die linke vordere Seite des Autos und stürzte. Der Autofahrer bremste deshalb plötzlich stark ab. In diesem Moment fuhr A noch einige Meter hinter dem Opel. Er bremste ebenfalls, doch sein Ausweichversuch misslang. Radfahrer A prallte mit dem Vorderrad gegen das Heck des Wagens und verletzte sich beim Sturz erheblich. Vom Autofahrer forderte der Sportler Schadenersatz und Schmerzensgeld — ohne Erfolg.

Sein Verschulden am Unfall überwiege so eindeutig, dass dies jeden Ersatzanspruch ausschließe, erklärte das Oberlandesgericht Schleswig (7 U 214/22). Auffahrer A müsse allein für die Unfallfolgen haften — wie bei allen typischen Auffahrunfällen, bei denen Auffahrer den erforderlichen Sicherheitsabstand missachteten. Der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug müsse so groß sein, dass der nachfolgende Verkehrsteilnehmer auch dann noch rechtzeitig halten könne, wenn das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich bremse.

Diese Regel gelte auch für Rennradfahrer, die sich im öffentlichen Straßenverkehr an einer sportlich ambitionierten Übungs-Zeitfahrt beteiligten. Zwar dürften Vorausfahrende nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen. Doch der Opelfahrer habe aufgrund der Kollision mit Radfahrer B zwingend anhalten müssen. Rennradler A habe die Unfallgefahr durch seine Geschwindigkeit erhöht. Und offenkundig habe er den gebotenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, weil er wie B den Opel (in einer Tempo-30-Zone!) überholen wollte.

Zehnjähriger vom Auto angefahren

Mitverschulden des Kindes, wenn es die Straße überquert hat, ohne auf den Verkehr zu achten

Der zehn Jahre alte Junge war zu Fuß unterwegs. Um eine Straße zu überqueren, ging er zwischen zwei geparkten Fahrzeugen hindurch. Zuerst trat er auf den Radweg und dann auf die Fahrspur — ohne auf den Straßenverkehr zu achten. Eine Autofahrerin erfasste das Kind mit ihrem Wagen und verletzte es schwer. Außergerichtlich zahlte ihm die Kfz-Versicherung der Frau 5.500 Euro.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth sprach dem Jungen weitere 64.500 Euro Schmerzensgeld zu, obwohl er sich fahrlässig verhalten habe (8 O 7410/21). Das Kind hafte wegen Mitverschuldens zu einem Drittel selbst für die Unfallfolgen. Auch Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren müssten sich eine Kürzung ihrer Ansprüche gefallen lassen, wenn ihnen Fehlverhalten im Straßenverkehr vorzuwerfen sei.

Das setze natürlich altersgemäße Einsicht voraus. Entscheidend sei das durchschnittliche Wissen und Können der jeweiligen Altersgruppe im Straßenverkehr: Ein Zehnjähriger wisse längst, dass er sich vor dem Überqueren einer Straße davon überzeugen müsse, dass von links kein Fahrzeug komme. Dennoch überwiege im konkreten Fall das Verschulden der Autofahrerin.

Sie sei zuerst ca. 50 km/h schnell gefahren und habe vor dem Zusammenstoß nur auf etwa 40 km/h abgebremst. Der Junge habe den Radweg etwa 1,8 Sekunden vorher betreten, da sei der Wagen von ihm noch ca. 24 Meter entfernt gewesen. Hätte die Autofahrerin in diesem Moment sofort reagiert und gebremst, hätte sie das Kind nur mit 15 km/h statt mit 40 km/h erfasst. Dann wäre der Junge weit weniger schwer verletzt worden. Prinzipiell müssten Autofahrer in der Nähe von Kindern stets bremsbereit sein, um sie nicht zu gefährden.

Nach dem Unfall zu Fuß über die Autobahn

Wird der Unfallfahrer dabei von einem anderen Wagen erfasst, trifft ihn hälftiges Mitverschulden

Autofahrer X befand sich auf der Beschleunigungsspur und wollte auf die Autobahn auffahren. Als der Vordermann wegen eines Pannenfahrzeugs plötzlich abbremste, konnte X nicht mehr rechtzeitig ausweichen und kollidierte mit dem vorderen Wagen. Sein eigenes Auto wurde über die Fahrstreifen geschleudert, in der Folge stießen weitere Fahrzeuge zusammen. Dahinter stauten sich Autos mit eingeschalteter Beleuchtung und Warnblinklichtern.

Offensichtlich unter Schock stieg Herr X aus dem Wagen und eilte zu Fuß über die Fahrbahn, um sich auf dem Standstreifen in Sicherheit zu bringen: dunkel gekleidet und ohne Warnweste. Und so folgte der nächste Unfall: Beim Überqueren der Autobahn wurde X von Autofahrer Y erfasst und verletzt, der mit ca. 50 km/h an den Unfallfahrzeugen vorbeifuhr.

Da Herr X beruflich unterwegs gewesen war, übernahm die gesetzliche Unfallversicherung seine Behandlungskosten und forderte den Betrag anschließend von der Kfz-Versicherung des Autofahrers Y. Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied, dass die Kfz-Versicherung nur die Hälfte des Betrags ersetzen muss (12 U 218/22). Denn X treffe am Folgeunfall ein Mitverschulden von 50 Prozent, das sich die gesetzliche Unfallversicherung zurechnen lassen müsse.

Fußgänger dürften die Autobahn nicht betreten. Müsse sich ein Unfallfahrer in Sicherheit bringen und deshalb das Auto verlassen, dürfe dies nur mit größter Vorsicht und mit Warnweste geschehen. Herr X habe sich äußerst leichtsinnig verhalten — auch wenn man natürlich berücksichtigen müsse, dass er sich in einer absoluten Ausnahmesituation befunden habe.

Fahrer Y dagegen habe sich viel zu schnell der Unfallstelle genähert, obwohl sie wegen der vielen Autos mit Warnblinklichtern nicht zu übersehen war. Bei so einer Verkehrslage sei eine Geschwindigkeit von 50 km/h überhöht und grob verkehrswidrig. Allenfalls mit Schrittgeschwindigkeit dürfe man zwischen verunglückten Autos durchfahren. Nach einer Karambolage mehrerer Fahrzeuge müsse man stets mit Fußgängern rechnen, die sich unvorsichtig auf der Fahrbahn bewegten.

Mängelhaftung für "Bastelfahrzeug"?

Trotz dieses Zusatzes im Vertrag muss der Kfz-Händler einen Wagen zurücknehmen, der nicht fährt

Durch die Internetanzeige eines Kfz-Händlers erfuhr ein Interessent von dem günstigen Gebrauchtwagen. Nach einer Probefahrt wurde man sich schnell einig. Im Kaufvertrag ergänzte der Verkäufer handschriftlich, das Auto sei ein "Bastelfahrzeug" und in "altersgemäßem Zustand". Der Käufer habe "das Fahrzeug besichtigt und Probe gefahren" und "den vorgefundenen Zustand akzeptiert".

Der Käufer rechnete also durchaus mit der einen oder anderen Macke. Doch dann stotterte ständig der Motor … Drei Mal brachte der Käufer das Auto in die Werkstatt des Kfz-Händlers, der das Defizit aber nicht beseitigen konnte. Danach hatte der Käufer genug: Er erklärte den Rücktritt vom Kauf. Da sich der Verkäufer weigerte, den Kaufpreis zurückzuzahlen, landete der Streit vor Gericht.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschied ihn zu Gunsten des Käufers (2 U 41/22). Ein gerichtlicher Kfz-Sachverständiger hatte Zündaussetzer und "Stottern" beim Beschleunigen bestätigt: Diese Mängel des Wagens seien auf Schäden an den Zündkerzen zurückzuführen, die ihrerseits auf Montagefehlern und nicht auf Verschleiß beruhten. Trotz der Ergänzungen im Vertrag müsse der Verkäufer für diese Mängel haften, entschied das OLG.

Auch daraus, dass der Gebrauchtwagen im Vertrag als "Bastelfahrzeug" bezeichnet werde, folge kein Ausschluss der Gewährleistungsrechte des Käufers. Wenn der Kfz-Händler ein Auto als funktionstüchtig verkaufe, dürfe der Käufer aufgrund des übereinstimmend zugrunde gelegten Vertragszweck davon ausgehen, dass er ein fahrbereites Auto bekomme. Allein die Bezeichnung "Bastelfahrzeug" ändere daran nichts.

Traubenernte von Dieselöl ruiniert

Die Kfz-Versicherung der defekten Erntemaschine muss der Winzerin den Schaden nicht ersetzen

Im Herbst 2018 hatte eine Winzerin einen landwirtschaftlichen Lohnunternehmer beauftragt, mit seinem Traubenvollernter in ihrem Weinberg bei der Weinlese zu helfen. Sie selbst und ein Mitarbeiter des Unternehmers hatten mit der Maschine bereits 2,5 Tonnen Trauben geerntet, als sie Dieselgeruch bemerkte: Die Dieselleitung des Fahrzeugs hatte ein Leck.

Nach der Traubenpressung stellte sich bei einer Analyse heraus, dass die Früchte mit Dieselöl kontaminiert waren: Die gesamte Ernte war verloren. Vom landwirtschaftlichen Lohnunternehmer forderte die Winzerin 17.000 Euro Schadenersatz.

Das Oberlandesgericht Koblenz entschied, dass er den Verlust nicht schuldhaft verursacht habe. Trotzdem müssten er bzw. seine Kfz-Versicherung dafür haften, nämlich nach dem Straßenverkehrsgesetz. Denn der Schaden sei beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden: Ein Traubenvollernter sei eine fahrbare Arbeitsmaschine, die nicht nur die Trauben von den Rebstöcken löse, sondern sich bei der Ernte ständig fortbewege.

Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden (VI ZR 16/23). Die Verunreinigung der Traubenernte hänge nicht mit der Eigenschaft der Maschine als Kraftfahrzeug zusammen, d.h. mit ihrer Funktion als Fortbewegungs- und Transportmittel. Die Fortbewegung des Traubenvollernters sei im Weinberg kein Selbstzweck. Sie diene bei diesem Einsatz — fern öffentlicher Verkehrsflächen — lediglich der Traubenernte.

Im Vordergrund stehe die Funktion des Traubenvollernters als Arbeitsmaschine. Dafür würden hier Motorkraft und Dieselkraftstoff benötigt. Anders wäre der Fall möglicherweise zu beurteilen, wenn der Schaden erst nach dem Ernteeinsatz der Arbeitsmaschine stattgefunden hätte — beim Transport der Trauben zum Umladen an der Straße.

Doch Winzerin und Zeuge hätten ausgesagt, dass sie das Leck an der Kraftstoffleitung an Ort und Stelle bemerkten. Damit stehe fest, dass die Trauben während des Erntevorgangs im Weinberg und nicht erst beim nachfolgenden Transport mit dem Öl in Kontakt gekommen seien. Für den Schaden müsse daher nicht die Kfz-Versicherung einstehen. Großes Pech für die Winzerin, die auf ihrem Schaden sitzen blieb.

Autofahrer übersah Parkplatz-Randsteine

Kurzartikel

Überfährt der Fahrer eines Sportwagens auf einem Privatparkplatz ca. 20 cm hohe Randsteine, die den Parkbereich eingrenzen, und beschädigt dabei die Wagenfront, kann er vom Parkplatzbetreiber keinen Schadenersatz für die Reparaturkosten verlangen. Parkplatzbetreiber sind nicht dafür verantwortlich, wenn Autofahrer gut sichtbare Begrenzungsanlagen übersehen — das gilt insbesondere für die Fahrer tiefergelegter Sportfahrzeuge.

"Straßenbegleitender" Radweg

Eine für die Landstraße geltende Vorfahrt umfasst auch einen zugehörigen Radweg

Das Auto kam aus einem Feldweg, der an der Unfallstelle in eine Landstraße einmündete. Vorher musste die Autofahrerin einen Radweg überqueren, der — ca. fünf Meter von der Fahrbahn entfernt — entlang der Landstraße verlief. Beim Überqueren des Radwegs kollidierte der Wagen mit einem Radfahrer, der von links auf den Feldweg zukam.

Der Radweg war mit dem Verkehrszeichen 240 markiert: ein blaues Schild, auf dem ein Rad und Fußgänger abgebildet sind. Für Radfahrer der Hinweis, dass sie den Radweg benutzen müssen.

Bei dem Zusammenstoß wurden Rad und Auto beschädigt, die Autoreparatur kostete 2.269 Euro. Für den Betrag forderte die Autofahrerin vom Radfahrer Schadenersatz: Immerhin habe er ihre Vorfahrt missachtet, den Unfall also allein verschuldet. Das Gegenteil sei richtig, erklärte ihr das Landgericht Frankenthal (2 S 94/22). Wenn ein Radweg eine lange Strecke parallel zur Straße und so nah an der Fahrbahn verlaufe wie hier, umfasse die für die Landstraße geltende Vorfahrt auch den Radweg.

Selbst wenn ein Radweg kleine Höhenunterschiede aufweise und/oder einige Bäume zwischen Straße und Radweg gepflanzt seien — was hier im direkten Kreuzungsbereich ohnehin nicht der Fall sei —, würde das nichts an der Zugehörigkeit des Radwegs zur Straße ändern. Die Autofahrerin habe also die Vorfahrt des Radfahrers missachtet und nicht umgekehrt. Anders als die Autofahrerin meine, belege auch das Zeichen 240 nicht, dass der Radweg "eigenständig" sei.

Vielmehr verstärke das Verkehrsschild nur den — angesichts des Wegverlaufs ohnehin offenkundigen — Umstand, dass es sich hier um einen so genannten "straßenbegleitenden" Radweg handle. Andernfalls müsste man nämlich an dieser Kreuzung nicht anordnen, dass der Radverkehr verpflichtet sei, den gemeinsamen Geh- und Radweg statt der Straße zu benützen. Dann würde auch ein grünes Radwegeschild ausreichen.

Verunglücktes Wendemanöver

Kurzartikel

Trotz eines verkehrswidrigen Wendemanövers haftet der Autofahrer für die Unfallfolgen nur zur Hälfte, wenn der hinter ihm Fahrende ohne Not in das querstehende Auto hineingefahren ist, anstatt anzuhalten. Der wendende Autofahrer hatte wegen Gegenverkehrs quer auf seiner Fahrspur stehen bleiben müssen. Obwohl der "Hintermann" die Kollision durch vollständiges Abbremsen hätte verhindern können, hupte er nur und fuhr — etwas langsamer — gegen das wendende Fahrzeug. Das Landgericht Hanau wertete dies als Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.

Vom Sinn des Anwaltszwangs

Distanzierung vom Mandanten macht Rechtsmittel unwirksam

Ein Autofahrer war wegen eines unvorsichtigen Wechsels der Fahrspur zu 75 DM Geldstrafe verurteilt worden. Damit war er nicht einverstanden und beauftragte seinen Verteidiger, gegen die Sanktion vorzugehen. Selbst war ihm das nicht möglich, denn der entsprechende Antrag muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Sein Anwalt legte gegen das Urteil Berufung ein, erwähnte allerdings in seinem Schreiben an das Gericht an zwei Stellen ausdrücklich, dass er "auf Weisung" seines Mandanten handle.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf wurde der Antrag dadurch unzulässig (2 Ss (OWi) 193/94). Durch die Pflicht, sich bei bestimmten Anträgen eines Rechtsanwalts zu bedienen, solle dem Gericht die Prüfung grundloser und unsachlicher Anliegen erspart werden. Mit den Worten "auf Weisung" habe der Verteidiger Vorbehalte erkennen lassen. Er wolle offensichtlich die Verantwortung für das von ihm unterzeichnete Schreiben nicht übernehmen. Besser hätte er daran getan, den Mandanten richtig zu beraten und ihm das wenig erfolgversprechende Rechtsmittel auszureden.

"Aufgemotzte" Harley Davidson gestohlen

Das Motorrad war so nicht zulassungsfähig: Muss die Kaskoversicherung trotzdem einspringen?

Die ganze Familie ist motorrad-verrückt. 2016 kaufte die Mutter für ihren erwachsenen Sohn eine Harley Davidson. Von einem guten Bekannten, Mechaniker R, der das Motorrad in langer Handwerksarbeit umgebaut und mit einem (noch) leistungsfähigeren Motor versehen hatte. R hatte für die Familie bereits einige Modelle der Edelmarke aufgemöbelt, die bei Fans sehr begehrt ist.

Bei diesem Modell dokumentierte R jedes verwendete Bauteil. Vor dem Verkauf ließ er für die Kundin ein Wertgutachten erstellen. Der Sachverständige schätzte das Motorrad auf ca. 30.000 Euro.

Im Februar 2019 verschwand das verschlossene Fahrzeug aus der Familiengarage. Die Mutter als Kfz-Halterin meldete den Verlust ihrem Kaskoversicherer. Der bezweifelte nicht nur den Diebstahl, sondern erklärte den Versicherungsvertrag für unwirksam: Einige Bauteile des "aufgemotzten" Motorrads seien straßenverkehrsrechtlich unzulässig oder zumindest anzeigepflichtig. Also sei die Betriebserlaubnis nicht gültig gewesen, teilte das Unternehmen mit: Damit habe sich auch der Versicherungsschutz erledigt.

Dem widersprach das Oberlandesgericht (OLG) Celle (11 U 109/22). Von einem vorsätzlichen Verstoß gegen Zulassungsvorschriften könne hier nicht die Rede sein. Der Sohn habe das Motorrad für den Straßenverkehr zulassen können und einmal die TÜV-Plakette zu bekommen. Man könne nicht erwarten, dass die Kfz-Halterin und ihr Sohn besser als TÜV und Kfz-Behörde darüber Bescheid wüssten, welche im Motorrad verbauten Teile zulassungsfähig seien und welche nicht. Schließlich sei das Kfz umfassend umgebaut worden.

Zudem habe der Sohn der Kfz-Halterin, um den besonderen Wert des Motorrads zu belegen, dem Versicherer das Wertgutachten des Kfz-Sachverständigen übergeben, das den Kfz-Zustand detailliert beschrieben habe. Daher hätte der Versicherer seine Einwände gegen einzelne Bauteile sofort erheben können und müssen. Stattdessen habe er den Inhalt des Wertgutachtens zuerst nicht zur Kenntnis genommen, wolle aber nun deswegen den Versicherungsschutz streichen.

Generell gelte: Selbst wenn ein Kfz-Besitzer gegen Zulassungsvorschriften verstoße, bleibe der Versicherer zur Leistung verpflichtet, wenn sich der Verstoß auf den Versicherungsfall nicht ausgewirkt habe, betonte das OLG. Von der Leistung befreit sei die Versicherung nur, wenn der Schaden direkt auf den Verstoß zurückzuführen sei — im konkreten Fall also auf die Beschaffenheit des Fahrzeugs, die auch der Zulassung entgegenstehe. Der Diebstahl habe damit aber nichts zu tun.

Es gebe kein Gesetz, das den Abschluss von Versicherungsverträgen für nicht zum Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge ausschließe, und keine Regelung, nach der so ein Fahrzeug nicht gegen Schäden oder Verlust versichert werden könne. Die "Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung" böten sogar die Möglichkeit, für ein nicht zugelassenes Fahrzeug eine Ruheversicherung zu unterhalten.

Mangelhaften Austauschmotor eingebaut?

Der Kunde zahlte nicht, brachte das Fahrzeug aber auch nicht zum Nachbessern in die Werkstatt

Der Inhaber eines Handwerksbetriebs brachte seinen Transporter im Oktober 2020 in die Kfz-Werkstatt. Dort wurde für rund 6.000 Euro der Motor ausgetauscht. Der Handwerker zahlte nur einen Teil der Rechnung (1.300 Euro). Nach zwei Wochen stellte er Ölverlust fest: Daraufhin tauschte die Werkstatt die Ventildeckel-Dichtung aus, ohne dafür etwas zu berechnen. Wegen des ausstehenden Betrags mahnte der Automechaniker den Kunden mehrmals vergeblich.

Im Juli 2021 beanstandete der Handwerker erneut Ölverlust: Das Motorproblem sei noch nicht behoben, erst dann werde er den restlichen Werklohn zahlen. Doch in der Werkstatt erschien der Kunde nicht mit dem Fahrzeug.

2022 reichte es dem Werkstattinhaber, er klagte den Restbetrag ein: Dass die Kfz-Reparatur im Oktober 2020 mangelhaft gewesen sei, stehe nicht fest. Erst acht Monate danach habe der Kunde Ölundichtigkeit moniert, dann aber keinen weiteren Reparaturtermin vereinbart.

Das Landgericht Ravensburg entschied den Streit zu Gunsten des Mechanikers (5 O 101/22). Dass die Werkstatt fehlerhaft gearbeitet habe, sei in der Tat nicht bewiesen. Denn der erneute Ölverlust sei frühestens Mitte 2021 aufgetreten. Weder gebe es Fotos, die eine Undichtigkeit nach dem Austausch der Dichtung belegten, noch schriftliche Reklamationen des Kunden vor Juli 2021.

Nach acht Monaten könne Ölverlust durchaus schon auf Verschleiß an der zweiten Dichtung zurückzuführen sein — das hänge von der Laufleistung des Fahrzeugs nach der Reparatur ab. Für Verschleiß sei der Werkstattinhaber nicht verantwortlich.

Letztlich könne dies hier aber offenbleiben. Der restliche Werklohn sei nämlich schon deshalb fällig, weil der Handwerker die Nachbesserung — sprich: eine weitere Reparatur des undichten Motors — vereitelt habe. Daher habe er kein Recht, den geschuldeten Betrag zurückzuhalten. Eine angeblich mangelhafte Reparatur nur zu rügen, genüge nicht: Der Kunde müsse der Werkstatt auch Gelegenheit geben, es besser zu machen. Der Mechaniker wäre jedenfalls dazu bereit gewesen. (Der Kunde hat gegen das Urteil Berufung eingelegt).

Vermieterin blockierte Garagenausfahrt

Mieterin musste im BMW statt im Porsche-Cabrio an den Gardasee reisen: Nutzungsausfallentschädigung?

Die Hauseigentümerin hatte Büroräume und Garagenstellplätze an die L-AG vermietet. Nach einigen Rechtsstreitigkeiten mit der Gewerbemieterin blockierte die Vermieterin im Sommer 2020 zwei Wochen lang mit einem Fahrzeug die Garagenausfahrt. Infolgedessen konnte Frau X, Geschäftsführerin der L-AG, mit ihrem Porsche Turbo S Cabriolet die Garage nicht mehr verlassen. In den Sommerurlaub am Gardasee musste sie mit ihrem 3er BMW Kombi fahren.

Wegen der Blockade ihres Cabrios forderte Frau X von der Vermieterin 2.450 Euro Nutzungsausfallentschädigung. Selbstverständlich habe sie im Urlaub das Cabrio benutzen wollen — der BMW sei kein gleichwertiger Ersatz. Für diesen Anspruch klagte Frau X bis zur höchsten Instanz: Doch auch beim Bundesgerichtshof scheiterte sie mit ihrem Anliegen (VI ZR 35/22).

Zwar habe die Vermieterin durch die Blockade der Garagenausfahrt Frau X vorsätzlich daran gehindert, ihr Cabrio zu benützen, stellten die Bundesrichter fest. Trotzdem habe die Geschäftsführerin keinen Anspruch auf Schadenersatz, weil ihr durch die rechtswidrige Handlung kein Vermögensschaden entstanden sei. Sie habe den Porsche für den Urlaub nicht wirklich gebraucht, weil sie einen Zweitwagen besitze. Mit einem BMW in Urlaub zu fahren, sei "möglich und zumutbar".

Sicher habe ein Porsche höheres Prestige und ein Cabrio vermittle auf der Fahrt in den Süden ein anderes Fahrgefühl. Der Porsche habe Vorteile, die vielleicht die Lebensqualität erhöhten — wenn man auf sie verzichten müsse, stelle das aber keinen "ersatzfähigen Vermögensschaden" dar. Der Zweitwagen von Frau X eigne sich objektiv auch im Urlaub als Fortbewegungsmittel. Dass die Blockade den individuellen Genuss der Porscheliebhaberin an der Fahrt geschmälert habe, sei nicht mit einem materiellen Schaden zu verwechseln.

Linienbus nicht blitzsauber!

Fahrgast trägt Flecken auf Jacke und Hose davon: Das gehört zum allgemeinen Lebensrisiko

Ein Fahrgast geriet während der Fahrt im Linienbus an einen verschmutzten Fensterrahmen. Als er ausstieg, prangten Schmutzflecken auf Jacke und Hose. Daraufhin verlangte der Fahrgast vom Nahverkehrsunternehmen Ersatz für die Reinigungskosten: Im Rahmen des Beförderungsvertrages habe er Anspruch darauf, dass sein Eigentum unversehrt bleibe.

Das Amtsgericht Kiel wies jedoch die Zahlungsklage des Fahrgastes ab (8 C 36/93). Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass öffentliche Einrichtungen mit wechselndem Publikum einen bestimmten Verschmutzungsgrad zeigten - zumal im Straßenverkehr. Wer öffentliche Transportmittel nutze, müsse damit rechnen: Das gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko. Außerdem hätte der Fahrgast ja nicht unbedingt den Fensterrand berühren müssen.

Wegen verwirrender Verkehrszeichen falsch geparkt?

Parkerlaubnis nur für E-Autos mit Parkschein: "Benziner" wurde abgeschleppt

Ein Autobesitzer wehrte sich gegen einen kommunalen Kostenbescheid: Er sollte Abschleppgebühren zahlen, weil er verbotswidrig auf einem Parkplatz für Elektrofahrzeuge mit Ladestation geparkt hatte. Ein Verkehrszeichen beschränkte dort die Parkerlaubnis auf E-Autos. Darunter signalisierte ein weiteres Zusatzzeichen, dass in dieser Straße ein Parkschein erforderlich ist.

Deshalb hatte der Autofahrer angenommen, das untere Zusatzzeichen regle eine alternative Parkerlaubnis — für "normale" Fahrzeuge. So argumentierte er jedenfalls gegen den Kostenbescheid.

Da habe er falsch gedacht, erklärte das Verwaltungsgericht und auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ließ ihn abblitzen (5 A 3180/21). Abschleppmaßnahme und Kostenbescheid seien nicht zu beanstanden.

Dass es in den Haltebuchten mit Ladestation nur erlaubt sei, Elektrofahrzeuge mit Parkschein abzustellen, sei für jedermann erkennbar. Zusatzzeichen bezögen sich generell auf das Verkehrszeichen darüber — ob dieses Verkehrszeichen ebenfalls ein Zusatzzeichen sei oder nicht, spiele keine Rolle.

Entgegen der Annahme des Autofahrers sei die Abschleppmaßnahme auch nicht deshalb unverhältnismäßig gewesen, weil weitere Parkplätze mit Ladestationen frei waren. Wenn ein Benziner auf einem Parkplatz mit Ladestation parke, stehe dieser eben nicht für — nach dem Willen des Gesetzgebers "privilegierte" — Elektrofahrzeuge zur Verfügung. Damit behindere der Wagen objektiv den Straßenverkehr, unabhängig davon, ob im fraglichen Zeitraum tatsächlich Parkplatz-Bedarf für ein E-Auto bestand.

In Thailand an Linksverkehr gewöhnt

Autofahrer kollidiert zuhause auf der linken Spur mit Gegenverkehr: Unachtsam oder rücksichtslos?

In sieben Wochen Thailand-Urlaub gewöhnte sich Herr X an den Linksverkehr. Als er sich nach dem langen Rückflug zum ersten Mal wieder in Deutschland ans Steuer seines Wagens setzte, fuhr er wie automatisch auf der Landstraße links. Nach ca. zwei Minuten Fahrt stieß er in einer Kurve frontal mit einem entgegenkommenden Auto zusammen. Bei dem Unfall wurden die Fahrerin des Autos und ihr Beifahrer verletzt.

Das Amtsgericht verurteilte X wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 9.000 Euro, entzog ihm den Führerschein und ordnete an, ihm vor Ablauf von acht Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Gegen dieses Urteil wehrte sich der Angeklagte beim Landgericht erfolglos, doch beim Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken erreichte er einen Teilerfolg (2 Ss 34/22).

Der Sachverhalt rechtfertige es nicht, den Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu verurteilen, so das OLG. Im konkreten Fall sei der Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot nicht als absolut rücksichtslos zu bewerten. Rücksichtslos handle ein Autofahrer, der sich seiner Pflichten bewusst sei und sich skrupellos darüber hinwegsetze — jemand, der unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens einfach "drauflosfahre". Reine Gedankenlosigkeit genüge nicht, um einem Verkehrsteilnehmer rücksichtsloses Verhalten vorzuwerfen.

Nach diesem Maßstab habe X zwar fahrlässig gehandelt, weil er während der Fahrt nicht an die Verkehrsregeln hierzulande dachte. Das sei wohl unachtsam, aber nicht rücksichtlos und gleichgültig gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Schließlich habe sich Herr X lange Zeit mit einem Leihwagen in einem Land mit Linksverkehr bewegt. Nun müsse sich das Landgericht erneut mit dem Fall befassen, widerspruchsfreie Feststellungen treffen und die Sanktionen neu festlegen.

Dreijährige von Auto angefahren

Kinder unter sieben Jahren haften nicht für Unfallschäden mit

Kinder unter sieben Jahren können für den von ihnen angerichteten Schaden nach dem Gesetz kaum verantwortlich gemacht werden. Als ein drei Jahre und neun Monate altes Mädchen, begleitet von der Großmutter, von einem Auto angefahren wurde, machte der Fahrer dennoch ein Mitverschulden des Kleinkindes geltend. Das Kind sei doch vor sein Auto gehüpft, erklärte der Mann: Also müsse er höchstens für die Hälfte der Behandlungskosten aufkommen.

Das Kammergericht Berlin entschied, dass im konkreten Fall eine Mithaftung des Kindes aus keinem Gesichtspunkt in Frage kommt (12 U 4031/93). Ein mögliches Fehlverhalten der Großmutter habe keinen Einfluss auf die Haftung des Mädchens. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass der Unfallgegner haftpflichtversichert sei. Auch dieser Umstand spreche gegen eine Beteiligung des Mädchens an den Folgekosten des Unfalls.

Zu schnell gefahren

Zeugen können Radarfoto "entkräften": Richter darf Beweisantrag nicht übergehen

Ein Amtsrichter verurteilte einen Autofahrer, weil er zu schnell gefahren war. Als Beweis diente ein Radarfoto. Der Betroffene hatte aber im Prozess angegeben, nicht er sei gefahren, sondern ein Fernfahrer aus seinem Betrieb. Diesem Beweisantrag war der Richter nicht nachgegangen: Das Foto sei aussagekräftig genug.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hielt dagegen nicht so viel von der Qualität von Frontfotos einer automatischen Kamera (Ss 337/94). Radarfotos zeigten die Fahrer nur mehr oder weniger deutlich, so das OLG. Daher könne man nicht ausschließen, dass der Richter zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn er das Foto mit einer weiteren Person verglichen hätte. Unter Umständen hätte er dann festgestellt, dass die andere Person abgebildet war. Dem Beweisantrag hätte der Amtsrichter nachgehen müssen: Er müsse sich mit dem Fall noch einmal befassen und ein neues Urteil fällen.

Radfahrer rammt Bauschuttcontainer

Auf Gehwegen dürfen E-Biker jedoch gar nicht fahren: Wer haftet für die Unfallfolgen?

Ein E-Biker war gegen 21.30 Uhr auf einem Bürgersteig unterwegs. Weil der Untergrund holprig war, hatte er die Fahrradlampe auf "Nahbereich" eingestellt, um den Boden zu beleuchten. Als der Radfahrer an einem Baugrundstück vorbeikam, stieß er gegen einen Container voller Bauschutt, der in den Gehweg hineinragte. Der Mann stürzte und verletzte sich dabei erheblich. Sein E-Bike, Kleidungsstücke und die Armbanduhr wurden bei dem Radunfall beschädigt.

Vom Hauseigentümer und vom Bauunternehmer, der den Container im Auftrag des Bauherrn aufgestellt hatte, verlangte der Verletzte 20.000 Euro Schadenersatz und mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld. Er warf ihnen vor, ihre Verkehrssicherungspflicht gravierend verletzt zu haben: Sie hätten den Container so platziert, dass er ein einziges Verkehrshindernis darstellte. Im Prinzip sah es auch das Oberlandesgericht Brandenburg so (6 U 27/22).

Es gab dem E-Biker Recht, kürzte allerdings seinen Anspruch um zwei Drittel. Richtig sei: Bauunternehmer müssten Baustellen so einrichten, dass keine Gefahr für den Verkehr entstehe. Wenn nötig, müssten sie Warnzeichen und/oder Schutzvorrichtungen anbringen, Verkehrshindernisse beleuchten. Dafür sei auch der Bauherr mitverantwortlich. Er hafte daher gemeinsam mit dem Bauunternehmer für ein Drittel des Schadens.

Doch in erster Linie habe sich der Radfahrer den Unfall selbst zuzuschreiben. Radfahrer müssten grundsätzlich auf der Straße fahren, E-Biker erst recht. Sie dürften den Gehweg nicht benützen — schon deshalb, weil Fußgänger deutlich langsamer seien als Radfahrer. Außerdem würden auf Gehwegen häufig von Anwohnern Gegenstände abgestellt, z.B. Fahrräder. Schnelle E-Bike-Fahrer könnten auf Gehwegen also ständig auf Hindernisse treffen, damit müssten sie rechnen.

Darüber hinaus habe der Radfahrer offenkundig gegen das "Sichtfahrgebot" verstoßen: Er dürfe nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten könne. Da der E-Biker sein Fahrradlicht auf den Nahbereich eingestellt habe, sei die übersehbare Strecke offenbar ziemlich kurz gewesen. Den Container habe er entweder ganz übersehen oder er habe ihn bemerkt und nicht rechtzeitig bremsen können. Beides spreche dafür, dass der Radfahrer unkonzentriert und/oder viel zu schnell gefahren sei.

Parkausweis im Auto muss gut lesbar sein

Kurzartikel

Ein Autofahrer, der seinen Wagen auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz abgestellt hat, kann den "Strafzettel" nicht mit dem Argument abwenden, er habe einen Rollstuhlfahrer befördert und den erforderlichen Parkausweis auf der Mittelkonsole abgelegt. Ein Parkausweis muss so gut sichtbar im Auto liegen, dass ihn die Kontrolleure problemlos mit einem Blick ins Wageninnere kontrollieren können: ohne Hilfsmittel und Zeitaufwand. Das ist unmöglich, wenn die Parkerlaubnis auf der Mittelkonsole liegt.

Radfahrerin stürzt über eine Bodenwelle

Kommunen haften nicht für gut erkennbare und leicht zu bewältigende Verkehrshindernisse

Eine Radfahrerin forderte von der Stadt Wiehl Schadenersatz und Schmerzensgeld für einen Radunfall, für den sie die Kommune verantwortlich machte: Sie sei über eine (10 cm hohe, ca. 30 cm breite) Teererhöhung gefahren, die vor einer Straßeneinmündung die gesamte Fahrbahn querte. Dieses Hindernis habe ihre Fahrt so abrupt abgebremst, dass sie über den Lenker geflogen sei und sich erheblich verletzt habe. Die Bodenwelle sei genauso schwarz wie die Fahrbahndecke der Straße und daher nicht zu erkennen.

Das Landgericht Köln wies die Klage ab (5 O 16/23). Als Verantwortliche für den Straßenbau sei die Stadt verpflichtet, für einen sicheren Zustand der Verkehrswege zu sorgen, so das Landgericht. Das bedeute: Sie müsse Gefahren ausräumen, die auch für achtsame Verkehrsteilnehmer nicht rechtzeitig erkennbar seien bzw. auf die sie sich nicht rechtzeitig einstellen könnten — gefährliche Löcher in Radwegen zum Beispiel.

Im konkreten Fall könne von einer Gefahrenstelle jedoch keine Rede sein. Hier gehe es nicht um einen Straßenschaden, sondern um eine kleine Bodenwelle, die bei Regen Wasser ableiten solle. Radfahrer, die hier ihre Geschwindigkeit ein wenig herabsetzten, könnten diese Unebenheit problemlos überqueren. Offenbar habe die Radfahrerin ihre Fahrweise nicht den Gegebenheiten angepasst.

Außerdem sei sogar auf dem Foto, das die Radfahrerin selbst gemacht habe, gut zu sehen, dass die Teererhöhung dunkler sei als der Straßenasphalt. Die Bodenwelle unterscheide sich deutlich vom Bodenbelag. Ein aufmerksamer Radfahrer hätte dieses Hindernis ohne weiteres rechtzeitig erkennen und bremsen können.