Auto und Verkehr

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"Straßenbegleitender" Radweg

Eine für die Landstraße geltende Vorfahrt umfasst auch einen zugehörigen Radweg

Das Auto kam aus einem Feldweg, der an der Unfallstelle in eine Landstraße einmündete. Vorher musste die Autofahrerin einen Radweg überqueren, der — ca. fünf Meter von der Fahrbahn entfernt — entlang der Landstraße verlief. Beim Überqueren des Radwegs kollidierte der Wagen mit einem Radfahrer, der von links auf den Feldweg zukam.

Der Radweg war mit dem Verkehrszeichen 240 markiert: ein blaues Schild, auf dem ein Rad und Fußgänger abgebildet sind. Für Radfahrer der Hinweis, dass sie den Radweg benutzen müssen.

Bei dem Zusammenstoß wurden Rad und Auto beschädigt, die Autoreparatur kostete 2.269 Euro. Für den Betrag forderte die Autofahrerin vom Radfahrer Schadenersatz: Immerhin habe er ihre Vorfahrt missachtet, den Unfall also allein verschuldet. Das Gegenteil sei richtig, erklärte ihr das Landgericht Frankenthal (2 S 94/22). Wenn ein Radweg eine lange Strecke parallel zur Straße und so nah an der Fahrbahn verlaufe wie hier, umfasse die für die Landstraße geltende Vorfahrt auch den Radweg.

Selbst wenn ein Radweg kleine Höhenunterschiede aufweise und/oder einige Bäume zwischen Straße und Radweg gepflanzt seien — was hier im direkten Kreuzungsbereich ohnehin nicht der Fall sei —, würde das nichts an der Zugehörigkeit des Radwegs zur Straße ändern. Die Autofahrerin habe also die Vorfahrt des Radfahrers missachtet und nicht umgekehrt. Anders als die Autofahrerin meine, belege auch das Zeichen 240 nicht, dass der Radweg "eigenständig" sei.

Vielmehr verstärke das Verkehrsschild nur den — angesichts des Wegverlaufs ohnehin offenkundigen — Umstand, dass es sich hier um einen so genannten "straßenbegleitenden" Radweg handle. Andernfalls müsste man nämlich an dieser Kreuzung nicht anordnen, dass der Radverkehr verpflichtet sei, den gemeinsamen Geh- und Radweg statt der Straße zu benützen. Dann würde auch ein grünes Radwegeschild ausreichen.

Verunglücktes Wendemanöver

Kurzartikel

Trotz eines verkehrswidrigen Wendemanövers haftet der Autofahrer für die Unfallfolgen nur zur Hälfte, wenn der hinter ihm Fahrende ohne Not in das querstehende Auto hineingefahren ist, anstatt anzuhalten. Der wendende Autofahrer hatte wegen Gegenverkehrs quer auf seiner Fahrspur stehen bleiben müssen. Obwohl der "Hintermann" die Kollision durch vollständiges Abbremsen hätte verhindern können, hupte er nur und fuhr — etwas langsamer — gegen das wendende Fahrzeug. Das Landgericht Hanau wertete dies als Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.

Vom Sinn des Anwaltszwangs

Distanzierung vom Mandanten macht Rechtsmittel unwirksam

Ein Autofahrer war wegen eines unvorsichtigen Wechsels der Fahrspur zu 75 DM Geldstrafe verurteilt worden. Damit war er nicht einverstanden und beauftragte seinen Verteidiger, gegen die Sanktion vorzugehen. Selbst war ihm das nicht möglich, denn der entsprechende Antrag muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Sein Anwalt legte gegen das Urteil Berufung ein, erwähnte allerdings in seinem Schreiben an das Gericht an zwei Stellen ausdrücklich, dass er "auf Weisung" seines Mandanten handle.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf wurde der Antrag dadurch unzulässig (2 Ss (OWi) 193/94). Durch die Pflicht, sich bei bestimmten Anträgen eines Rechtsanwalts zu bedienen, solle dem Gericht die Prüfung grundloser und unsachlicher Anliegen erspart werden. Mit den Worten "auf Weisung" habe der Verteidiger Vorbehalte erkennen lassen. Er wolle offensichtlich die Verantwortung für das von ihm unterzeichnete Schreiben nicht übernehmen. Besser hätte er daran getan, den Mandanten richtig zu beraten und ihm das wenig erfolgversprechende Rechtsmittel auszureden.

Mangelhaften Austauschmotor eingebaut?

Der Kunde zahlte nicht, brachte das Fahrzeug aber auch nicht zum Nachbessern in die Werkstatt

Der Inhaber eines Handwerksbetriebs brachte seinen Transporter im Oktober 2020 in die Kfz-Werkstatt. Dort wurde für rund 6.000 Euro der Motor ausgetauscht. Der Handwerker zahlte nur einen Teil der Rechnung (1.300 Euro). Nach zwei Wochen stellte er Ölverlust fest: Daraufhin tauschte die Werkstatt die Ventildeckel-Dichtung aus, ohne dafür etwas zu berechnen. Wegen des ausstehenden Betrags mahnte der Automechaniker den Kunden mehrmals vergeblich.

Im Juli 2021 beanstandete der Handwerker erneut Ölverlust: Das Motorproblem sei noch nicht behoben, erst dann werde er den restlichen Werklohn zahlen. Doch in der Werkstatt erschien der Kunde nicht mit dem Fahrzeug.

2022 reichte es dem Werkstattinhaber, er klagte den Restbetrag ein: Dass die Kfz-Reparatur im Oktober 2020 mangelhaft gewesen sei, stehe nicht fest. Erst acht Monate danach habe der Kunde Ölundichtigkeit moniert, dann aber keinen weiteren Reparaturtermin vereinbart.

Das Landgericht Ravensburg entschied den Streit zu Gunsten des Mechanikers (5 O 101/22). Dass die Werkstatt fehlerhaft gearbeitet habe, sei in der Tat nicht bewiesen. Denn der erneute Ölverlust sei frühestens Mitte 2021 aufgetreten. Weder gebe es Fotos, die eine Undichtigkeit nach dem Austausch der Dichtung belegten, noch schriftliche Reklamationen des Kunden vor Juli 2021.

Nach acht Monaten könne Ölverlust durchaus schon auf Verschleiß an der zweiten Dichtung zurückzuführen sein — das hänge von der Laufleistung des Fahrzeugs nach der Reparatur ab. Für Verschleiß sei der Werkstattinhaber nicht verantwortlich.

Letztlich könne dies hier aber offenbleiben. Der restliche Werklohn sei nämlich schon deshalb fällig, weil der Handwerker die Nachbesserung — sprich: eine weitere Reparatur des undichten Motors — vereitelt habe. Daher habe er kein Recht, den geschuldeten Betrag zurückzuhalten. Eine angeblich mangelhafte Reparatur nur zu rügen, genüge nicht: Der Kunde müsse der Werkstatt auch Gelegenheit geben, es besser zu machen. Der Mechaniker wäre jedenfalls dazu bereit gewesen. (Der Kunde hat gegen das Urteil Berufung eingelegt).

Vermieterin blockierte Garagenausfahrt

Mieterin musste im BMW statt im Porsche-Cabrio an den Gardasee reisen: Nutzungsausfallentschädigung?

Die Hauseigentümerin hatte Büroräume und Garagenstellplätze an die L-AG vermietet. Nach einigen Rechtsstreitigkeiten mit der Gewerbemieterin blockierte die Vermieterin im Sommer 2020 zwei Wochen lang mit einem Fahrzeug die Garagenausfahrt. Infolgedessen konnte Frau X, Geschäftsführerin der L-AG, mit ihrem Porsche Turbo S Cabriolet die Garage nicht mehr verlassen. In den Sommerurlaub am Gardasee musste sie mit ihrem 3er BMW Kombi fahren.

Wegen der Blockade ihres Cabrios forderte Frau X von der Vermieterin 2.450 Euro Nutzungsausfallentschädigung. Selbstverständlich habe sie im Urlaub das Cabrio benutzen wollen — der BMW sei kein gleichwertiger Ersatz. Für diesen Anspruch klagte Frau X bis zur höchsten Instanz: Doch auch beim Bundesgerichtshof scheiterte sie mit ihrem Anliegen (VI ZR 35/22).

Zwar habe die Vermieterin durch die Blockade der Garagenausfahrt Frau X vorsätzlich daran gehindert, ihr Cabrio zu benützen, stellten die Bundesrichter fest. Trotzdem habe die Geschäftsführerin keinen Anspruch auf Schadenersatz, weil ihr durch die rechtswidrige Handlung kein Vermögensschaden entstanden sei. Sie habe den Porsche für den Urlaub nicht wirklich gebraucht, weil sie einen Zweitwagen besitze. Mit einem BMW in Urlaub zu fahren, sei "möglich und zumutbar".

Sicher habe ein Porsche höheres Prestige und ein Cabrio vermittle auf der Fahrt in den Süden ein anderes Fahrgefühl. Der Porsche habe Vorteile, die vielleicht die Lebensqualität erhöhten — wenn man auf sie verzichten müsse, stelle das aber keinen "ersatzfähigen Vermögensschaden" dar. Der Zweitwagen von Frau X eigne sich objektiv auch im Urlaub als Fortbewegungsmittel. Dass die Blockade den individuellen Genuss der Porscheliebhaberin an der Fahrt geschmälert habe, sei nicht mit einem materiellen Schaden zu verwechseln.

Linienbus nicht blitzsauber!

Fahrgast trägt Flecken auf Jacke und Hose davon: Das gehört zum allgemeinen Lebensrisiko

Ein Fahrgast geriet während der Fahrt im Linienbus an einen verschmutzten Fensterrahmen. Als er ausstieg, prangten Schmutzflecken auf Jacke und Hose. Daraufhin verlangte der Fahrgast vom Nahverkehrsunternehmen Ersatz für die Reinigungskosten: Im Rahmen des Beförderungsvertrages habe er Anspruch darauf, dass sein Eigentum unversehrt bleibe.

Das Amtsgericht Kiel wies jedoch die Zahlungsklage des Fahrgastes ab (8 C 36/93). Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass öffentliche Einrichtungen mit wechselndem Publikum einen bestimmten Verschmutzungsgrad zeigten - zumal im Straßenverkehr. Wer öffentliche Transportmittel nutze, müsse damit rechnen: Das gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko. Außerdem hätte der Fahrgast ja nicht unbedingt den Fensterrand berühren müssen.

In Thailand an Linksverkehr gewöhnt

Autofahrer kollidiert zuhause auf der linken Spur mit Gegenverkehr: Unachtsam oder rücksichtslos?

In sieben Wochen Thailand-Urlaub gewöhnte sich Herr X an den Linksverkehr. Als er sich nach dem langen Rückflug zum ersten Mal wieder in Deutschland ans Steuer seines Wagens setzte, fuhr er wie automatisch auf der Landstraße links. Nach ca. zwei Minuten Fahrt stieß er in einer Kurve frontal mit einem entgegenkommenden Auto zusammen. Bei dem Unfall wurden die Fahrerin des Autos und ihr Beifahrer verletzt.

Das Amtsgericht verurteilte X wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe von 9.000 Euro, entzog ihm den Führerschein und ordnete an, ihm vor Ablauf von acht Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Gegen dieses Urteil wehrte sich der Angeklagte beim Landgericht erfolglos, doch beim Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken erreichte er einen Teilerfolg (2 Ss 34/22).

Der Sachverhalt rechtfertige es nicht, den Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu verurteilen, so das OLG. Im konkreten Fall sei der Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot nicht als absolut rücksichtslos zu bewerten. Rücksichtslos handle ein Autofahrer, der sich seiner Pflichten bewusst sei und sich skrupellos darüber hinwegsetze — jemand, der unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens einfach "drauflosfahre". Reine Gedankenlosigkeit genüge nicht, um einem Verkehrsteilnehmer rücksichtsloses Verhalten vorzuwerfen.

Nach diesem Maßstab habe X zwar fahrlässig gehandelt, weil er während der Fahrt nicht an die Verkehrsregeln hierzulande dachte. Das sei wohl unachtsam, aber nicht rücksichtlos und gleichgültig gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Schließlich habe sich Herr X lange Zeit mit einem Leihwagen in einem Land mit Linksverkehr bewegt. Nun müsse sich das Landgericht erneut mit dem Fall befassen, widerspruchsfreie Feststellungen treffen und die Sanktionen neu festlegen.

Dreijährige von Auto angefahren

Kinder unter sieben Jahren haften nicht für Unfallschäden mit

Kinder unter sieben Jahren können für den von ihnen angerichteten Schaden nach dem Gesetz kaum verantwortlich gemacht werden. Als ein drei Jahre und neun Monate altes Mädchen, begleitet von der Großmutter, von einem Auto angefahren wurde, machte der Fahrer dennoch ein Mitverschulden des Kleinkindes geltend. Das Kind sei doch vor sein Auto gehüpft, erklärte der Mann: Also müsse er höchstens für die Hälfte der Behandlungskosten aufkommen.

Das Kammergericht Berlin entschied, dass im konkreten Fall eine Mithaftung des Kindes aus keinem Gesichtspunkt in Frage kommt (12 U 4031/93). Ein mögliches Fehlverhalten der Großmutter habe keinen Einfluss auf die Haftung des Mädchens. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass der Unfallgegner haftpflichtversichert sei. Auch dieser Umstand spreche gegen eine Beteiligung des Mädchens an den Folgekosten des Unfalls.

Zu schnell gefahren

Zeugen können Radarfoto "entkräften": Richter darf Beweisantrag nicht übergehen

Ein Amtsrichter verurteilte einen Autofahrer, weil er zu schnell gefahren war. Als Beweis diente ein Radarfoto. Der Betroffene hatte aber im Prozess angegeben, nicht er sei gefahren, sondern ein Fernfahrer aus seinem Betrieb. Diesem Beweisantrag war der Richter nicht nachgegangen: Das Foto sei aussagekräftig genug.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hielt dagegen nicht so viel von der Qualität von Frontfotos einer automatischen Kamera (Ss 337/94). Radarfotos zeigten die Fahrer nur mehr oder weniger deutlich, so das OLG. Daher könne man nicht ausschließen, dass der Richter zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn er das Foto mit einer weiteren Person verglichen hätte. Unter Umständen hätte er dann festgestellt, dass die andere Person abgebildet war. Dem Beweisantrag hätte der Amtsrichter nachgehen müssen: Er müsse sich mit dem Fall noch einmal befassen und ein neues Urteil fällen.

Radfahrer rammt Bauschuttcontainer

Auf Gehwegen dürfen E-Biker jedoch gar nicht fahren: Wer haftet für die Unfallfolgen?

Ein E-Biker war gegen 21.30 Uhr auf einem Bürgersteig unterwegs. Weil der Untergrund holprig war, hatte er die Fahrradlampe auf "Nahbereich" eingestellt, um den Boden zu beleuchten. Als der Radfahrer an einem Baugrundstück vorbeikam, stieß er gegen einen Container voller Bauschutt, der in den Gehweg hineinragte. Der Mann stürzte und verletzte sich dabei erheblich. Sein E-Bike, Kleidungsstücke und die Armbanduhr wurden bei dem Radunfall beschädigt.

Vom Hauseigentümer und vom Bauunternehmer, der den Container im Auftrag des Bauherrn aufgestellt hatte, verlangte der Verletzte 20.000 Euro Schadenersatz und mindestens 10.000 Euro Schmerzensgeld. Er warf ihnen vor, ihre Verkehrssicherungspflicht gravierend verletzt zu haben: Sie hätten den Container so platziert, dass er ein einziges Verkehrshindernis darstellte. Im Prinzip sah es auch das Oberlandesgericht Brandenburg so (6 U 27/22).

Es gab dem E-Biker Recht, kürzte allerdings seinen Anspruch um zwei Drittel. Richtig sei: Bauunternehmer müssten Baustellen so einrichten, dass keine Gefahr für den Verkehr entstehe. Wenn nötig, müssten sie Warnzeichen und/oder Schutzvorrichtungen anbringen, Verkehrshindernisse beleuchten. Dafür sei auch der Bauherr mitverantwortlich. Er hafte daher gemeinsam mit dem Bauunternehmer für ein Drittel des Schadens.

Doch in erster Linie habe sich der Radfahrer den Unfall selbst zuzuschreiben. Radfahrer müssten grundsätzlich auf der Straße fahren, E-Biker erst recht. Sie dürften den Gehweg nicht benützen — schon deshalb, weil Fußgänger deutlich langsamer seien als Radfahrer. Außerdem würden auf Gehwegen häufig von Anwohnern Gegenstände abgestellt, z.B. Fahrräder. Schnelle E-Bike-Fahrer könnten auf Gehwegen also ständig auf Hindernisse treffen, damit müssten sie rechnen.

Darüber hinaus habe der Radfahrer offenkundig gegen das "Sichtfahrgebot" verstoßen: Er dürfe nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten könne. Da der E-Biker sein Fahrradlicht auf den Nahbereich eingestellt habe, sei die übersehbare Strecke offenbar ziemlich kurz gewesen. Den Container habe er entweder ganz übersehen oder er habe ihn bemerkt und nicht rechtzeitig bremsen können. Beides spreche dafür, dass der Radfahrer unkonzentriert und/oder viel zu schnell gefahren sei.

Ausgebüxtes Pferd rannte auf die Landstraße

Die Tierhalterin haftet für den beim Zusammenstoß mit einem Auto verursachten Schaden

An einem Februarabend führten Mitarbeiterinnen eines Reiterhofs auf einem Feldweg zwei Pferde am Zügel. Plötzlich rissen sich die Tiere los — vorneweg Pferd A, das direkt auf die nahegelegene Landstraße rannte. Hier stieß das Tier mit einem Audi zusammen. Das Pferd verletzte sich bei dem Aufprall, die linke Seite des Fahrzeugs wurde erheblich beschädigt.

Die Kaskoversicherung des Autofahrers ersetzte die Hälfte der Reparaturkosten, die Tierhalterhaftpflichtversicherung der Pferdebesitzerin die andere Hälfte. Am Ende kam es jedoch zum Streit über die Kosten des Mietwagens, den der Autofahrer während der Reparatur des Audi benötigt hatte.

Die Tierhalterin hafte für die Unfallfolgen, entschied das Amtsgericht Köln, also auch für die Mietwagenkosten (261 C 118/22). Unstreitig habe ihr Pferd A die Kollision und damit den Autoschaden verursacht. Wenn ein Pferd weglaufe, wirke sich die besondere Gefahr aus, die mit dem unberechenbaren, selbständigen Verhalten von Tieren typischerweise verknüpft sei. Für die Folgen hafteten Tierhalter unabhängig von eigenem Verschulden.

Dem Autofahrer sei kein Mitverschulden an dem Unfall vorzuwerfen. Er sei weder zu schnell gefahren, noch habe er gegen andere Vorschriften verstoßen. Zwar hätten die Zeuginnen behauptet, die Pferde seien auf der Straße gut sichtbar gewesen. Das sei jedoch nicht bewiesen. Zum Unfallzeitpunkt gegen 18.30 Uhr sei es schon fast dunkel gewesen und die Landstraße unbeleuchtet.

Dass der Audi-Fahrer mit unverminderter Geschwindigkeit weitergefahren wäre, wenn er die Pferde rechtzeitig gesehen hätte, sei angesichts des damit verbundenen Unfallrisikos schwer vorstellbar. Zudem seien die Damen vom Reiterhof weit weg von der Straße und sehr aufgeregt hinter den Pferden hergelaufen. In so einer Situation das Geschehen auf der Straße verlässlich zu beobachten, dürfte schwierig sein.

Grundsätzlich gelte: Die Gefahr, die generell von Kraftfahrzeugen ausgehe und die deshalb bei Unfällen manchmal auch ohne Verkehrsverstoß des Fahrers zur Mithaftung führe, trete bei der Kollision mit einem Pferd (oder einem anderen großen Tier) vollständig hinter der Tiergefahr zurück. Die Straße sei nämlich für Fahrzeuge da, während Pferde dort nichts zu suchen hätten.

Fahrverbot für E-Scooter aufgehoben

Fahrerlaubnisbehörde kann das Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht verbieten

Ein Betroffener wehrte sich gegen ein Fahrverbot: Da er einige Male angetrunken auf einem E-Scooter unterwegs gewesen war, war ihm das Fahren mit E-Scootern verboten worden. Laut Fahrerlaubnis-Verordnung ist die Fahrerlaubnisbehörde dazu befugt, Personen den Führerschein zu entziehen, die sich durch Fahren nach Alkohol- oder Drogenkonsum als "ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs" erwiesen haben.

Höchst umstritten dagegen ist, ob auch Verbote in Bezug auf Fahrzeuge ausgesprochen werden können, für die man gar keine Fahrerlaubnis braucht. Das geltende Recht biete dafür keine Grundlage, entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und hob im konkreten Fall das Fahrverbot auf (11 BV 22.1234).

Die Verbotspraxis der Behörden stütze sich auf die Fahrerlaubnis-Verordnung, die für solche Fälle aber zu unbestimmt formuliert sei. Welche Anforderungen eine Person erfüllen müsse, um sich für das Radfahren oder das Fahren eines E-Scooters zu "eignen", sei hier nicht geregelt. Es fehle auch jeder Maßstab dafür, wie die Eignung festzustellen wäre — im Unterschied zur Führerscheinprüfung, die jeder Autofahrer absolvieren müsse.

Die Maßstäbe, die für das Fahren mit Kraftfahrzeugen gelten, seien jedenfalls wegen des höchst unterschiedlichen Gefahrenpotenzials nicht auf das Fahren mit Fahrrädern oder E-Scootern übertragbar. Mit Kraftfahrzeugen könnten Fahrer wesentlich mehr Schaden anrichten. Wenn rechtliche Maßstäbe dafür fehlten, wie eine "Eignung" für das Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen aussehen solle, könne dies zu unverhältnismäßigen Fahrverboten führen.

Der Freistaat Bayern, der den Prozess beim Verwaltungsgerichtshof verlor, kann gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht Revision einlegen.

Polizei stellt Motorrad sicher

Zur Abwehr von Gefahren durch illegale Rennen ist so eine Maßnahme rechtmäßig

Zwei Polizeibeamte fuhren in Ludwigshafen zu einem Einsatz, als zwei entgegenkommende Motorradfahrer mit röhrenden Motoren "vorbeischossen". Die Polizisten hörten das schnelle Hochschalten der Gänge und vermuteten sofort ein illegales Straßenrennen. Sie wendeten deshalb ihren Wagen und verfolgten die Motorradfahrer.

An einer Ampel blieben die Motorradfahrer schließlich stehen — einer flüchtete. Bei der Verkehrskontrolle stellte sich heraus, dass der andere Fahrer schon mehrmals bei verbotenen Straßenrennen erwischt worden war. Sein Motorrad war für Rennen konstruiert und mit 998 ccm Hubraum in der Lage, bis zu 285 km/h schnell zu fahren.

Um weitere Rennen und damit Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer zu vermeiden, stellten die Polizeibeamten das Motorrad sicher. Gegen den Möchtegern-Rennfahrer wurde wegen des Rennens Strafbefehl erlassen. Und auch sein Motorrad bekommt er so schnell nicht wieder: Das Verwaltungsgericht Neustadt wies seine Klage auf Freigabe ab (5 K 692/22.NW).

Die Polizisten hätten bei der Datenabfrage erfahren, dass der Motorradfahrer ein Wiederholungstäter sei. Zu Recht hätten die Beamten daher angenommen, dass sich die zwei rasenden Motorradfahrer ein Rennen geliefert hätten und der kontrollierte Fahrer wohl jederzeit wieder an so einem Rennen teilnehmen würde. Von illegalen Straßenrennen gehe erhebliche Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer aus.

Hinter diesen besonders wichtigen Rechtsgütern müsse das Recht des Motorradbesitzers an seinem Eigentum zurückstehen. Das Motorrad herauszugeben komme auch deshalb nicht in Frage, weil sich der Mann absolut uneinsichtig zeige. Vor Gericht habe er darauf beharrt, dass ihm kein Fehlverhalten und keine Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern nachzuweisen sei. Anhaltspunkte für ein Umdenken seien also nicht zu erkennen.

Nachts im Schnellimbiss Lamborghini gekauft

Nicht nur wegen der Umstände hätten sich dem Käufer Zweifel am Geschäft aufdrängen müssen!

Ein Lamborghini-Fan meldete sich auf eine Internetanzeige, in der so ein Luxuswagen "günstig" zum Kauf angeboten wurde. Die Anzeige stammte von zwei Brüdern, die behaupteten, das Auto im Namen des in Spanien lebenden Eigentümers zu verkaufen. Zur Besichtigung des Fahrzeugs trafen sich die Beteiligten auf dem Parkplatz einer Spielothek in Wiesbaden. Die Übergabe sollte einige Tage später bei einer Essener Tankstelle stattfinden. Vorher benötigten sie den Wagen für eine Hochzeitsfahrt, erklärten die Brüder.

Zur Übergabe erschienen sie verspätet: Um ein Uhr nachts unterschrieb der Käufer im Schnellimbiss neben der Tankstelle den Kaufvertrag. Vorher zeigten ihm die Brüder eine Kopie — angeblich vom Personalausweis des Eigentümers. Die Schreibweisen von Namen und Adresse in der Kopie, im Vertrag und in den Zulassungsbescheinigungen unterschieden sich auffällig. Trotzdem gab der Käufer seinen alten Lamborghini für 60.000 Euro in Zahlung und übergab den Verkäufern 70.000 Euro Bargeld.

Als er das Fahrzeug anmelden wollte, erfuhr er, dass es zur Fahndung ausgeschrieben war. Der "echte" spanische Eigentümer hatte den Lamborghini einer Agentur vermietet, die ihn an die Brüder weitervermietet hatte. Und die hatten damit das Weite gesucht ... Nun forderte der Eigentümer den Wagen zurück.

Vor Gericht ging es um die Frage, ob der Kaufvertrag wirksam war: Konnte der Käufer wirklich nicht ahnen, dass die Anbieter nicht im Namen des wirklichen Eigentümers handelten? Kann er sich darauf berufen, den Wagen "gutgläubig" erworben zu haben?

Nein, entschied das Oberlandesgericht Oldenburg (9 U 52/22). Obwohl der Käufer die Original-Zulassungsbescheinigungen erhalten habe, sei er nicht wirksam Eigentümer des Sportwagens geworden und müsse ihn herausgeben. Die Umstände seien derart verdächtig gewesen, dass der Mann das Geschäft nicht hätte abschließen dürfen. Beim Erwerb eines Luxusfahrzeugs sei besondere Vorsicht geboten, wenn es in Deutschland erst kurz vorher zugelassen worden sei.

Mit dem von den Brüdern genannten Eigentümer habe der Käufer keinen Kontakt gesucht, habe sich nicht einmal eine Vollmacht vorlegen lassen. Schon der nächtliche Verkauf in einem Schnellimbiss hätte Zweifel wecken müssen. Dass die "Vermittler" den Wagen für eine Hochzeitsfeier benötigten, dass sie den alten Lamborghini in Zahlung nahmen, ohne ihn zu prüfen, die unterschiedlichen Schreibweisen der Personalien — jeder dieser Punkte hätte Anlass dafür sein müssen, Nachforschungen anzustellen. Das Verhalten des Käufers sei grob fahrlässig gewesen, auf gutgläubigen Erwerb könne er sich daher nicht berufen.

Auto wiederholt verkratzt

Der Autobesitzer setzt eine Wildkamera ein, um den Übeltäter zu überführen

Im Oktober und November 2020 entdeckte Herr S sieben Mal Kratzer an seinem Toyota, den er regelmäßig auf dem Grundstück des Mietshauses parkte. Da sich Mieter S mit dem Hauseigentümer — der ebenfalls im Mietshaus wohnte — einige Male gestritten hatte, vermutete er, der Kontrahent könnte sich auf diese Weise rächen. Am 26.11. stellte der Mieter eine Wildkamera auf, die das Auto von hinten und den Hauseingang filmte. Die Kamera verfügt über einen Sensor, der sie einschaltet, wenn sich im Umfeld etwas bewegt.

Schon die erste Aufnahme bestätigte den Verdacht von Herrn S: Ein Video vom 30.11. zeigte den Vermieter, der sich am Heck des Autos zu schaffen machte. Nun ließ Herr S die Lackschäden am Heck für 1.386 Euro reparieren und verlangte vom Vermieter Schadenersatz: Die Kratzer habe er mit einem spitzen Gegenstand in die Heckklappe geritzt.

Die Forderung wies der Hauseigentümer als unberechtigt zurück: Er habe nur den Schaden besichtigt. Außerdem seien die Aufnahmen der Wildkamera nicht "gerichtsverwertbar".

Doch das Amtsgericht Lörrach war anderer Ansicht und verurteilte ihn zum Ersatz der Reparaturkosten (3 C 111/22). Auf dem Video sei eindeutig der Vermieter zu sehen. Da bewege er mit der Hand einen Gegenstand, der wie ein Schlüsselanhänger aussehe — und zwar genau dort, wo später eine deutliche Kratzspur am Heck prangte. Damit sei seine Behauptung widerlegt, er habe den Wagen nur angeschaut.

Richtig sei: Die Videoaufnahmen seien auf unzulässige Weise zustande gekommen. Denn der Hauseigentümer sei ohne sein Wissen auf seinem Grundstück gefilmt worden. Das bedeute aber nicht automatisch, dass die Aufnahmen vor Gericht nicht als Beweis gelten könnten. Hier müsse man vielmehr die Interessen der Beteiligten abwägen und gewichten.

Auf der einen Seite sei zwar die Privatsphäre des Hauseigentümers geringfügig betroffen. Auf der anderen Seite stehe aber die Beweisnot des S, der mit weiteren Schäden an seinem Toyota habe rechnen müssen. Ohne das Beweismittel Video hätte er seinen Anspruch auf Schadenersatz nicht durchsetzen können: Die Aufnahmen dienten also der Wahrheitsfindung vor Gericht.

Zudem habe der Autobesitzer eine Wildkamera mit Bewegungsmelder aufgestellt und sich mit einer einzigen Aufnahme begnügt. Offenkundig habe es S nicht darauf angelegt, das Persönlichkeitsrecht des Vermieters zu verletzen. Er habe nur einen Beweis dafür gebraucht, auf wessen Konto die Sachbeschädigung ging.

Auffahrunfall mit Traktor

Der schuldige Autofahrer haftet auch für gesundheitliche Spätfolgen beim Unfallgeschädigten

Der 40 Jahre alte Nebenerwerbslandwirt L arbeitete hauptberuflich als Versuchstechniker für die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er im März 2016 mit einem Traktor auf einer Landstraße unterwegs, als ein Autofahrer von hinten gegen den linken Hinterreifen des Traktors fuhr. Der Traktor wurde bei dem Auffahrunfall schwer beschädigt, dafür kam die Kfz-Versicherung des Verursachers auf.

Dagegen schien Herr L zunächst glimpflich davonzukommen: Er wurde mit der Diagnose "Schleudertrauma an der Halswirbelsäule" krankgeschrieben. Vier Monate später erlitt L jedoch bei der Arbeit einen Riss der Hauptschlagader (Aortendissektion), erhielt nach mehreren Operationen einen Herzschrittmacher und bekam eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Die Landwirtschaft musste er aufgeben.

Vom Unfallverursacher verlangte L Ersatz für alle Unfallschäden: Auch der Riss in der Hauptschlagader sei eine Folge des Auffahrunfalls, denn dabei sei er mit dem Oberkörper gegen das Lenkrad geschleudert worden. Diesen Zusammenhang bestritten der Autofahrer und seine Kfz-Versicherung: Der schwer übergewichtige Landwirt leide seit Jahren unter Bluthochdruck, nur dieses Problem könne die Aortendissektion verursacht haben.

Das Oberlandesgericht Schleswig entschied den Streit zu Gunsten des Traktorfahrers L (7 U 24/22). Der medizinische Sachverständige habe erläutert, dass die nach dem Unfall durchgeführte Computertomographie keine Veränderungen an der Aortenwand zeige, wie sie in der Regel durch Bluthochdruck entstehen. Bluthochdruck komme als Grund für die Dissektion deshalb hier nicht in Frage. Herzbeschwerden müssten auch nicht sofort nach einem Unfall auftreten. Verletzungen der Hauptschlagader zeigten sich manchmal erst nach längeren Zeiträumen ohne Beschwerden.

Auch das Gutachten des Unfallsachverständigen, der den Traktor analysiert habe, spreche dafür, dass die Aorta von L beim Unfall traumatisch geschädigt worden sei. Der luftgefederte Traktorensitz habe sich demnach zum Unfallzeitpunkt in der so genannten Schwimmstellung befunden. Das bedeute: Der Sitz sei durch den Heckaufprall erst nach hinten und dann nach vorne geschleudert worden. Dass L durch den Aufprall nach vorne gegen das Lenkrad geschleudert worden sei, stehe also fest.

Daher müsse die Kfz-Versicherung des Autofahrers auch für die Folgen der Aortendissektion einstehen, die L Monate nach dem Auffahrunfall erlitten habe.

Neuwagen objektiv ohne Sicherheitsmangel

Wegen eines "unguten Gefühls" bei abruptem Bremsen kann der Käufer das Auto nicht zurückgeben

Ein halbes Jahr nach dem Autokauf meldete sich der Käufer beim Autohändler und beanstandete ein "schwerwiegendes Problem an der Bremsanlage". Bei starkem Abbremsen verziehe das Auto nach rechts, so dass er riskiere, von der Fahrbahn abzukommen. Es übersteuere und sei nicht zu stabilisieren.

Mehrmals überprüfte das Autohaus den Neuwagen, konnte aber keinen Sicherheitsmangel feststellen. Da der Händler das Problem nicht beheben könne, löse er sich vom Vertrag, erklärte Käufer S und verlangte den Kaufpreis von 21.470 Euro zurück.

Das Landgericht Kaiserslautern und das Oberlandesgericht Zweibrücken verneinten seinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufs (4 U 187/21). Objektiv liege kein Sicherheitsmangel vor. Das subjektiv "unangenehme" Gefühl von Herrn S bei Gefahrenbremsungen stelle keinen Sachmangel des Fahrzeugs dar, der einen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen würde. Denn die verbauten Assistenzsysteme arbeiteten technisch einwandfrei und hielten den Wagen tatsächlich kurs- und bremsstabil.

Welche Beschaffenheit der Kaufsache ein Käufer erwarten könne, hänge von der objektiv berechtigten Käufererwartung ab und nicht davon, welche Eigenschaften sich der einzelne Käufer wünsche. Trotz intensiver Fahrversuche habe der gerichtliche Kfz-Sachverständige nicht feststellen können, dass der Wagen bei abruptem Bremsen auffällig nach rechts ziehe. Er verhalte sich "spurneutral", so das Testergebnis. Die als unangenehm empfundene Drehung um die Achse werde durch die elektronische Stabilitätskontrolle (ESC) jederzeit ausgeglichen, ein Schleudern verhindert.

Damit erfülle das Fahrzeug die objektiv berechtigte Erwartung durchschnittlicher Käufer an die Sicherheit bei Bremsmanövern. Auf die Vorstellung von Herrn S, dass das Auto am Heck nicht übersteuern dürfe, komme es dagegen nicht an. Auf dieses Phänomen, das ohnehin nur in Ausnahmesituationen auftrete, könnten sich Fahrer einstellen. Dass sich ein Auto auch bei einer Gefahrenbremsung "komfortabel" oder "angenehm" steuern lasse, gehöre (jedenfalls in dieser Preisklasse) nicht zur üblichen Beschaffenheit eines Fahrzeugs.

Mietwagenkosten zu hoch?

Kfz-Haftpflichtversicherung wirft einem Unfallgeschädigten vor, die Reparatur verzögert zu haben

Bei einem Verkehrsunfall, der auf das Konto des Unfallgegners ging, war der Wagen von Autofahrer K beschädigt worden. K ließ ihn zu einer Fachwerkstatt abschleppen, erteilte jedoch noch keinen Reparaturauftrag. Am nächsten Tag besorgte er sich bei einem Autovermieter fahrbaren Ersatz für 59 Euro am Tag und beauftragte einen Kfz-Sachverständigen mit einem Schadensgutachten.

Sein Anwalt schickte das Gutachten sechs Tage später an die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Zusätzlich zu den geschätzten Reparaturkosten, der Wertminderung etc. enthielt das Anwaltsschreiben den Hinweis: "Wir bitten um umgehende Reparaturfreigabe. Das Fahrzeug steht zur Reparatur in der Werkstatt. (Sie) wird aber erst in Angriff genommen, wenn Ihre Regulierungszusage vorliegt. Bis dahin benötigt unser Mandant einen Mietwagen".

Die Versicherung ersetzte die Reparaturkosten, beanstandete jedoch, dass der Unfallgeschädigte mehr als drei Wochen einen Wagen gemietet hatte (Kostenpunkt: 1.574 Euro). Das Unternehmen überwies dafür nur 228,72 Euro und warf Herrn K vor, er habe die Reparatur unnötig verzögert. Daraufhin klagte der Unfallgeschädigte den Differenzbetrag ein. Zu Recht, entschied das Landgericht Konstanz (11 S 8/22).

Der Unfallverursacher müsse die Reparatur und, wenn nötig, während der Reparaturdauer ein Mietauto finanzieren. Bevor dessen Haftpflichtversicherung die Übernahme der Reparaturkosten nicht zugesagt habe, müsse der Unfallgeschädigte die Reparatur nicht — sozusagen auf eigenes Kostenrisiko — in Auftrag geben. So lange dürfe er mit dem Auftrag warten. Der Anwalt von Herrn K habe bereits eine Woche nach dem Unfall um Reparaturfreigabe gebeten und mitgeteilt, dass K einen Mietwagen benötige.

Nachdem die Versicherung die errechneten Reparaturkosten überwiesen habe, habe K die Reparatur sofort beauftragt und das Auto 24 Tage nach dem Unfall abgeholt. Der Vorwurf, K hätte pflichtwidrig mit dem Reparaturauftrag zu lange gewartet und so gegen seine Pflicht verstoßen, die Kosten so gering wie möglich zu halten, sei daher unberechtigt.

Auch die Tagespauschale von 59 Euro entspreche dem ortsüblichen Normaltarif. Dass K an seinem Wohnort einen günstigeren Mietwagen hätte finden können, habe die Versicherung zwar behauptet, aber nicht belegt.

Zweijähriger startete Auto

Die Mutter ging kurz weg und ließ die Autoschlüssel liegen: Aufsichtspflichtverletzung

Großmutter, Mutter und Kind hatten an einer Familienfeier teilgenommen. Als sie zu Ende ging, brachte die Mutter den zweieinhalbjährigen Jungen schon mal ins Auto. Sie setzte ihn in den Kindersitz auf dem Beifahrersitz, ohne ihn anzuschnallen. Den Autoschlüssel legte die Frau aufs Armaturenbrett und ging kurz zurück ins Haus, um etwas zu holen. Das Kleinkind krabbelte vom Kindersitz, nahm den Autoschlüssel und startete den Wagen.

Das Auto schnellte ruckartig nach vorne und traf die Großmutter, die etwa eineinhalb Meter entfernt auf einer Bank saß. An beiden Kniegelenken schwer verletzt, musste die Großmutter lange im Krankenhaus behandelt werden. Ihre Krankenkasse kam für die Behandlungskosten auf und forderte den Betrag anschließend von der Mutter des Jungen zurück: Sie habe ihre Aufsichtspflicht verletzt.

Gegen den Vorwurf wehrte sich die Mutter: Sie sei nur ein oder zwei Minuten weg gewesen und habe die Autotüren weit offengelassen. Dass das Kind in der kurzen Zeit so eine komplexe Handlung ausführen könnte, damit habe sie nicht rechnen müssen. Doch das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg gab der Krankenkasse Recht: Kleinkinder müsse man ununterbrochen beaufsichtigen (14 U 212/22).

Die Mutter habe das Kind allein im Auto sitzen lassen und die Schlüssel dort abgelegt: Damit habe sie eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen. Der Vorgang sei keineswegs so außergewöhnlich, wie die Mutter meine, betonte das OLG: Kleine Kinder ahmten prinzipiell gerne die Erwachsenen nach. Dass sie auch gerne mit Schlüsseln spielten und versuchten, sie in Schlösser zu stecken, zeige die Erfahrung.

Dass der Junge dies mit dem Autoschlüssel und dem Zündschloss versuchen könnte, liege also keinesfalls jenseits des "Vorstellbaren". Die Mutter hätte das Kleinkind im Kindersitz anschnallen und die Schlüssel mitnehmen müssen. Sie hätte auch jemanden darum bitten können, kurz auf den Jungen aufzupassen. Da sie ihre Aufsichtspflicht verletzt habe, hafte sie für den dadurch entstandenen Schaden.

Wohnmobil geklaut

Der Schlüssel lag im Fahrzeug: Muss die Teilkaskoversicherung den Verlust in voller Höhe ersetzen?

Ein Ehepaar fuhr mit dem Wohnmobil in Urlaub. In einer Gaststätte wollten die Urlauber eine Mittagspause einlegen, das Wohnmobil stellten sie auf dem Parkplatz ab. Während die Ehefrau im Fahrzeug noch etwas suchte, ging ihr Mann schon zum Hauseingang. Von dort rief er ihr zu, sie solle den Fahrzeugschlüssel mitbringen. Den hatte er in die vordere Ablage gelegt und mit einem Handtuch zugedeckt.

Doch die Ehefrau verstand seinen Zuruf nicht richtig und ließ den Schlüssel liegen. Als das Paar zwei Stunden später die Fahrt fortsetzen wollte, war das Wohnmobil verschwunden. Der Kfz-Halter meldete den Verlust seiner Teilkaskoversicherung. Das Unternehmen ersetzte jedoch nur rund 16.000 Euro, was etwa einem Drittel des Fahrzeugwerts entsprach.

Da der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe, dürfe sie die Leistung kürzen, erklärte die Versicherung. Das sah der Versicherungsnehmer anders: Er klagte auf vollen Schadenersatz. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (6 U 107/21). Grob fahrlässig handle, wer naheliegende, einfache Maßnahmen nicht ergreife, die jedem einleuchten müssten.

Im konkreten Fall sei dieser Vorwurf unberechtigt. Der Versicherungsnehmer habe seine Frau gebeten, den Schlüssel mitzunehmen. Er habe sich also darum gesorgt, dass der Schlüssel während der Mittagspause nicht im Wohnmobil liegen blieb. Nur wegen eines Missverständnisses sei die Ehefrau der Aufforderung nicht gefolgt. So ein Missverständnis könne letztlich jedem passieren — es stelle keine unentschuldbare Pflichtverletzung dar.

Der Kfz-Halter habe nicht kontrolliert, ob seine Frau das Wohnmobil abgeschlossen und den Schlüssel eingesteckt habe. Das wäre natürlich besser gewesen, räumte das OLG ein. Aber als grob fahrlässig sei auch dieses Versäumnis nicht zu bewerten. Normalerweise vertrauten Ehepartner einander. Anhaltspunkte dafür, warum dieses unter Ehepartnern übliche Vertrauen hier unangebracht gewesen sein könnte, seien nicht ersichtlich.