Arbeitsrecht

Auf dem Weg zur Arbeit Brötchen gekauft

Während einer Unterbrechung der Fahrt besteht nicht immer Unfallversicherungsschutz

Der Arbeitnehmer steht nicht nur im Betrieb, sondern auch auf dem Weg von und zur Arbeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Wie steht es aber bei einer Unterbrechung des Weges?

Auf der Fahrt mit seinem Auto in die Firma hielt ein Mitarbeiter an einer stark befahrenen Landstraße an, um sie zu überqueren und an einem Kiosk Brötchen und eine Zeitung zu kaufen. Auf dem Weg zurück zum Wagen wurde er von einem Fahrzeug erfasst und erlitt schwere Verletzungen.

Nach einem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen lehnte die Unfallversicherung Entschädigungen zu Recht ab (L 17 U 219/94). Der Arbeitnehmer habe die Fahrt aus rein privaten Gründen unterbrochen. Während dieser Zeit habe daher kein Versicherungsschutz bestanden.

Betriebsvereinbarung als rechtswidrig gekippt

Betriebsrat darf elektronische Personalakten nur mit Zustimmung der Arbeitnehmer lesen

Sieht eine Betriebsvereinbarung vor, dass der Betriebsrat uneingeschränkt auf die elektronischen Personalakten von Arbeitnehmern zugreifen kann, ist diese Regelung rechtswidrig, entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (3 TaBV 65/19).

2012 hatte ein Mobilfunkanbieter mit dem Gesamtbetriebsrat des Unternehmens eine Betriebsvereinbarung geschlossen, die u.a. regelte, wer die Personalakten einsehen durfte. Die Vorsitzenden der örtlichen Betriebsräte sollten auf die elektronischen Personalakten "permanenten Zugriff" haben, hieß es da.

Ein Jahr hielt sich der Arbeitgeber an diese Vereinbarung. Dann überlegte er es sich anders und verwehrte den Betriebsräten die Akteneinsicht. Der Gesamtbetriebsrat des Mobilfunkanbieters zog deshalb vor Gericht und pochte auf die Betriebsvereinbarung.

Doch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab dem Arbeitgeber Recht: Die fragliche Klausel der Betriebsvereinbarung sei unwirksam. Denn sie räume den örtlichen Betriebsratsvorsitzenden uneingeschränkten Zugriff auf die elektronischen Personalakten ein, ohne dies von der Zustimmung der Arbeitnehmer abhängig zu machen. Das verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.

Personalakte enthielten Stammdaten, Unterhaltspflichten, Pfändungen, vertragliche Absprachen mit dem Arbeitgeber, Abmahnungen und viele weitere Informationen über die Beschäftigten. Über all diese persönlichen Umstände könnten sich die Betriebsratsvorsitzenden informieren, ohne dass die betroffenen Arbeitnehmer dem zustimmen müssten oder auch nur darüber unterrichtet werden müssten.

Laut Betriebsverfassungsgesetz seien Arbeitgeber und Betriebsräte verpflichtet, bei ihren Maßnahmen und Vereinbarungen das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer zu beachten. Dazu gehöre das Recht jeder Person, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und wie weit sie persönliche Umstände offenlege. Das sei mit dem generellen Einsichtsrecht, das die Betriebsvereinbarung den Betriebsratsvorsitzenden zuerkenne, nicht in Einklang zu bringen.

Wegen Arbeitszeitbetrugs entlassen

Vertuscht ein Arbeitnehmer Verspätungen, ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt

Der 30 Jahre alte Zerspanungsmechaniker, der eigentlich um 6 Uhr zur Frühschicht antreten sollte, hatte verschlafen. Erst um 6.40 Uhr erschien er im Betrieb und stempelte sich nicht ins Zeiterfassungssystem ein. Später beantragte der Arbeitnehmer eine Korrektur der Arbeitszeit. Auf dem dafür vorgesehenen Formular gab er an, er habe von 6 Uhr bis 14.45 Uhr gearbeitet. Als die Lüge aufflog, mahnte ihn die Arbeitgeberin ab.

Einige Monate danach beantragte der Mechaniker erneut Korrekturen der Arbeitszeit, die mit der tatsächlich geleisteten Arbeit nicht übereinstimmten. Die falschen Angaben begründete der Arbeitnehmer mit Kommentaren wie "Stempelfehler" oder "Karte vergessen". Wieder fielen die Unstimmigkeiten auf. Nun warf ihm die Arbeitgeberin Arbeitszeitbetrug vor und kündigte ihm mit Zustimmung des Betriebsrats fristlos.

Vergeblich wehrte sich der Mechaniker gegen die "unverhältnismäßige Kündigung": Er habe sich in einer schwierigen Lebensphase befunden, unter Schlafstörungen gelitten und deshalb einige Male verschlafen. Das sei doch kein schwerwiegendes Fehlverhalten. Doch das Arbeitsgericht Aachen und das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln wiesen seine Kündigungsschutzklage ab (6 Sa 494/20).

Das Fehlverhalten, das letztlich das Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeberin zerstört habe, sei weniger darin zu sehen, dass er wiederholt zu spät gekommen sei. Der Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten bestehe vor allem darin, dass er versucht habe, das Zuspätkommen durch falsche Einträge in den Korrekturformularen zu vertuschen. Dass es dabei mehrmals nur um einige Minuten Abweichung ging, mache die Sache nicht besser.

Für die Arbeitgeberin gehe es nicht in erster Linie um eine Sanktion für begangenes Unrecht, betonte das LAG. Es gehe vielmehr darum, künftige Störungen des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden. Die Arbeitgeberin habe den Mechaniker bereits wegen eines Verschleierungsversuchs abgemahnt und dann feststellen müssen, dass der verwarnte Mann wieder versuchte, sie zu täuschen. Daher sei es für die Arbeitgeberin unzumutbar, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Desinfektionsmittel geklaut

Diebstahl von Pandemie-Mangelware rechtfertigt die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers

Während des "Lockdowns" im März 2020 kam in den Waschräumen eines Paketzustellunternehmens mehrmals Desinfektionsmittel weg. Per Aushang kündigte der Arbeitgeber an, wer Desinfektionsmittel stehle, werde fristlos entlassen und angezeigt.

Ein Mitarbeiter, der seit 2004 Lieferfahrzeuge säuberte, verließ das Gelände nach der Nachtschicht morgens mit dem eigenen Auto. Bei einer stichprobenartigen Kontrolle entdeckte der Werkschutz im Kofferraum eine verschlossene Flasche Desinfektionsmittel im Wert von 40 Euro und eine Handtuchrolle.

Der Mann wehrte sich gegen die Kündigung und bestritt den Diebstahl: In den Waschräumen habe oft Desinfektionsmittel gefehlt, behauptete er. Deshalb habe er welches mitgebracht und sei öfter zum Auto gegangen, um die Hände zu desinfizieren. Auch den sieben Kollegen hätte er das Mittel bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Stehlen müsse er schon deshalb nicht, weil seine Frau in der Pflege arbeite und Desinfektionsmittel mitbringe.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf glaubte kein Wort und wies die Klage des Arbeitnehmers ab (5 Sa 483/20). Die Flasche im Kofferraum sei nicht angebrochen, also nicht benutzt worden. Hätte der Arbeitnehmer sie während der Schicht benutzen wollen, hätte es nahe gelegen, die Flasche in der Nähe des Arbeitsplatzes abzustellen — erst recht, wenn er sie auch für die Kollegen verwenden wollte. Vom Desinfektionsmittel im Privatwagen hätten die Kollegen jedenfalls nichts gewusst.

Der Mitarbeiter habe einen Liter gestohlen, während im ersten "Lockdown" Desinfektionsmittel echt Mangelware gewesen sei und auch der Arbeitgeber nur schwer Nachschub besorgen konnte. Damit habe er gleichzeitig in Kauf genommen, dass seine Kollegen ohne Desinfektion arbeiten mussten. Daher sei die fristlose Kündigung trotz der langen Beschäftigungsdauer berechtigt gewesen - auch ohne vorherige Abmahnung. Dass er mit dem Diebstahl das Arbeitsverhältnis gefährdete, habe der Mitarbeiter ohnehin gewusst: Diese Konsequenz habe der Arbeitgeber per Aushang unmissverständlich angedroht.

Weniger Nachtarbeitszuschlag für Schichtarbeiter

Das Bundesarbeitsgericht erklärt diese Regelung in einem Tarifvertrag für rechtswidrig

Arbeitnehmer M arbeitet im Schichtbetrieb für eine Hamburger Brauerei. Gemäß dem für sie gültigen Manteltarifvertrag zahlte die Arbeitgeberin für regelmäßige Nachtarbeit (zwischen 22 Uhr und 6 Uhr) einen Zuschlag von 25 Prozent auf den Stundenlohn. Arbeitnehmer, die üblicherweise nicht nachts arbeiteten, bekamen für Nachtarbeit dagegen einen Zuschlag von 50 Prozent.

Gegen diese Regelung im Tarifvertrag klagte Mitarbeiter M: Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen beeinträchtige regelmäßige Nachtschichtarbeit die Gesundheit der Arbeitnehmer wesentlich mehr als gelegentlich geleistete Nachtarbeit. M verlangte für die Nachtschicht einen Zuschlag von 50 Prozent.

Die Arbeitgeberin verteidigte dagegen die Tarifregelung: Wenn Arbeitnehmer unvorbereitet zur Nachtarbeit herangezogen würden, stelle das eine besondere Belastung dar, die der höhere Zuschlag ausgleichen solle. Sie könnten dann unversehens nicht über ihre Freizeit disponieren.

Das Bundesarbeitsgericht entschied den Streit zu Gunsten des Arbeitnehmers und erklärte die Tarifvertragsregelung für unwirksam (10 AZR 334/20). Dass sich der Zuschlag für Nachtarbeit halbiere, wenn sie im Schichtsystem geleistet werde, verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, Nachtschichtarbeiter schlechter zu bezahlen als Arbeitnehmer, die nur gelegentlich nachts arbeiteten.

Der von der Arbeitgeberin angeführte Gesichtspunkt der Freizeitgestaltung sei im Tarifvertrag bereits mit-bedacht: Die nur punktuell für Nachtarbeit eingeteilten Arbeitnehmer könnten verlangen, dass ihre privaten und kulturellen Wünsche bei der Arbeitsorganisation berücksichtigt würden.

Massenhaft Daten auf dem Firmenserver gelöscht

Kurzartikel

Eine Arbeitgeberin möchte das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer per Aufhebungsvertrag beenden, darüber kann in einem Gespräch jedoch keine Einigung erzielt werden. Löscht der Arbeitnehmer daraufhin auf dem Server der Firma 3.300 Dateien mit einem Datenvolumen von 7,48 GB, rechtfertigt diese vorsätzliche Schädigung der Arbeitgeberin eine fristlose Kündigung. Der Mitarbeiter habe wohl "verbrannte Erde" hinterlassen wollen, so das Landesarbeitsgericht.

Maskenpflicht im Rathaus

Kurzartikel

Die kommunale Arbeitgeberin darf Verwaltungsmitarbeitern im Rathaus vorschreiben, während der Arbeitszeit eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Das Interesse daran, alle Mitarbeiter und Besucher des Rathauses vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen, überwiegt das Interesse von Einzelnen, ohne Maske zu arbeiten. Das gilt erst recht, wenn ärztliche Atteste einen Mitarbeiter von der Maskenpflicht befreien, ohne dafür einen sachlichen Grund anzugeben.

Stammarbeitnehmer entlassen

Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber kontinuierlich Leiharbeiter einsetzt

Ein Automobilzulieferer beschäftigte 106 Arbeitnehmer und sechs Leiharbeitnehmer. Da der Autohersteller die Produktion einschränken musste und die Aufträge für den Zulieferer entsprechend schrumpften, wollte auch dieses Unternehmen Personal abbauen: Es kündigte einigen fest angestellten Arbeitnehmern wegen fehlender Aufträge.

Sie erhoben Kündigungsschutzklage: In den letzten zwei Jahren habe der Arbeitgeber im Betrieb sechs Leiharbeitnehmer eingesetzt und das (einmal abgesehen von Weihnachtsferien oder Werksferien) kontinuierlich. Solange im Betrieb "alternative Beschäftigungsmöglichkeiten" vorhanden seien, sei eine betriebsbedingte Kündigung von Teilen der Stammbelegschaft unzulässig.

Der Arbeitgeber pochte darauf, dass er die Leiharbeitnehmer als Personalreserve benötige. "Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten" für die gekündigten Mitarbeiter gebe es im Betrieb nicht.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht Köln stellten sich auf die Seite der Arbeitnehmer (5 Sa 14/20). Der Arbeitgeber könne sie sehr wohl auf den Arbeitsplätzen der Leiharbeitnehmer beschäftigen.

Denn der Automobilzulieferer habe die Leiharbeitnehmer fortlaufend eingesetzt — und keineswegs nur als Personalreserve für den Fall, dass jemand vorübergehend vertreten werden müsse. Wenn der Arbeitgeber damit krankheitsbedingte Ausfälle kompensiert haben sollte, dann sei der Umfang dieser Ausfälle offenbar konstant. Das Unternehmen decke mit der Leiharbeit also keinen kurzfristig schwankenden Bedarf ab, sondern einen ständig vorhandenen Bedarf an Arbeit. Unter diesen Umständen dürfe es aber keine Stammarbeitnehmer wegen Auftragsmangels entlassen.

Arbeitnehmerin möchte leichtere Tätigkeit

Altersbedingte, leichte Einschränkungen rechtfertigen keine außerordentliche Kündigung

Eine 56-jährige Arbeitnehmerin war seit 1972 in einer Gießerei als "Kernputzerin" beschäftigt und musste bei ihrer Arbeit Gewichte zwischen 2 und 30 Kilogramm heben. Da sie langjährig beschäftigt war, konnte das Arbeitsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Doch dann legte die Arbeitnehmerin ein ärztliches Attest vor, in dem empfohlen wurde, sie solle künftig nicht mehr als zehn Kilogramm heben.

Daraufhin kündigte der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag mit der Begründung, er könne der Arbeitnehmerin keinen leichteren Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Das Bundesarbeitsgericht sah darin keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung (2 AZR 62/94). Die von der Arbeitnehmerin angestrebte leichtere Tätigkeit entspreche den arbeitsmedizinischen Empfehlungen für Arbeiterinnen dieser Altersgruppe. Bei älteren Arbeitnehmern müssten Arbeitgeber mit reduzierter Leistungsfähigkeit rechnen.

Dem Problem könnten Arbeitgeber mit organisatorischen Maßnahmen begegnen, indem sie zum Beispiel den Arbeitsablauf änderten, den Arbeitsplatz menschengerechter gestalteten oder Aufgaben umverteilten. Die Arbeitnehmerin habe zudem vorgetragen, dass sie nach wie vor in der Lage sei, ihre Aufgaben zu erfüllen. Sie habe mit dem Attest lediglich längerfristig die Zuweisung eines leichteren Arbeitsplatzes erreichen wollen. Anders läge der Fall, fügte das Gericht an, wenn ein Arbeitnehmer die ihm zugedachten Aufgaben überhaupt nicht mehr erfüllen könne.

Mit Attest Homeoffice beantragt

63-Jähriger hat wegen Corona keinen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice oder im Einzelbüro

Überwiegend war der 63-jährige Mitarbeiter in der Firmenzentrale der Arbeitgeberin tätig. Dort teilt er sich ein Büro mit einer Assistentin. Im April 2020 beantragte er die Erlaubnis, im Homeoffice zu arbeiten, solange für ihn das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus bestehe. Falls das organisatorisch nicht möglich sei, solle ihm die Arbeitgeberin stattdessen ein Einzelbüro zur Verfügung stellen.

Ein Attest seines Hausarztes bescheinigte dem Mann, dass er aufgrund seines Alters und von Vorerkrankungen zum Personenkreis mit erhöhtem Risiko gehörte. Homeoffice wäre daher zu empfehlen. Der Antrag des Angestellten wurde von der Arbeitgeberin dennoch abgewiesen.

Auch seine Klage beim Arbeitsgericht Augsburg brachte nicht den gewünschten Erfolg (3 Ga 9/20). Ein Rechtsanspruch auf Arbeit im Homeoffice sei weder im Arbeitsrecht vorgesehen, noch aus dem Arbeitsvertrag des Angestellten abzuleiten, stellte das Arbeitsgericht fest. Die Arbeitgeberin müsse ihn zwar vor einer Infektion schützen — wie sie diese Pflicht erfülle, sei aber ihre Sache.

Der Angestellte könnte auch in einem Büro mit mehreren Personen arbeiten, wenn entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen würden. Doch mittlerweile habe die Arbeitgeberin ohnehin erklärt, die Assistentin werde während der Dauer seiner Anwesenheit in der Firmenzentrale in einem anderen Büro arbeiten. Mehr könne der Mitarbeiter nicht verlangen.

Entgeltfortzahlung bei Krankheit

Führt erneute Arbeitsunfähigkeit durch eine neue Krankheit zu einem neuen Anspruch auf Fortzahlung?

Eine Altenpflegerin war wegen eines psychischen Leidens ab 7.2.2017 krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin zahlte ihr Gehalt sechs Wochen lang weiter, wie gesetzlich vorgeschrieben. Der Hausarzt bescheinigte der Angestellten fortdauernde Arbeitsunfähigkeit bis zum 18.5. Deshalb erhielt sie nach der Lohnfortzahlung bis zum 18.5. Krankengeld von der gesetzlichen Krankenversicherung.

Am 19.5.2017 unterzog sich die Frau einer schon länger geplanten gynäkologischen Operation. Die Frauenärztin schrieb sie vom 19.5. bis zum 30.6. krank. Während dieser Zeit erhielt die Altenpflegerin weder Entgeltfortzahlung, noch Krankengeld. Für diesen Zeitraum hätte sie aber Anspruch auf Entgeltfortzahlung gehabt, meinte die Arbeitnehmerin und zog deswegen vor Gericht: Denn ab dem 19.5.2017 sei sie wegen einer anderen Krankheit arbeitsunfähig gewesen.

Den Umständen nach sei von einem "einheitlichen Fall" auszugehen, fand dagegen die Arbeitgeberin. So sah es auch das Bundesarbeitsgericht (5 AZR 505/18). Ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung entstehe nur, wenn die erste Arbeitsunfähigkeit beendet war, als ein neues Leiden erneut zu Arbeitsunfähigkeit führte. Werde einem Arbeitnehmer ein weiteres Mal Arbeitsunfähigkeit attestiert, müsse er im Streitfall belegen, dass zu diesem Zeitpunkt die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit beendet war.

Das sei anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer zwischen zwei Krankheiten tatsächlich gearbeitet habe — und sei es nur kurzfristig. Dass die erste Krankheit andauerte, sei dagegen anzunehmen, wenn die Arbeitsverhinderungen direkt aufeinanderfolgten oder zwischen ihnen nur ein arbeitsfreier Tag oder ein arbeitsfreies Wochenende liege.

Der Hausarzt habe zwar ausgesagt, die Behandlung wegen psychischen Leidens sei am 18.5. abgeschlossen und die Arbeitsunfähigkeit beendet gewesen. Doch er habe die Frau seit April nicht mehr in der Praxis gesehen oder mit ihr persönlich gesprochen. Seine Aussage sei also nur eine Vermutung und nicht das Ergebnis einer medizinischen Untersuchung gewesen. Gegen die Aussage spreche zudem die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin im Juli eine Psychotherapie begonnen habe.

Einmal unentschuldigt gefehlt, fristlos gefeuert

Eine fristlose Kündigung setzt auch in der Probezeit eine Abmahnung voraus

Am 1.8.2019 trat die Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte ihren neuen Job in einer Anwaltskanzlei an, mit Probezeit bis 31.1.2020. Die Frau arbeitete am Donnerstag und Freitag, 1. und 2.8. Wie vereinbart, erschien sie am Montag und Dienstag nicht, weil sich ihr Sohn nach und nach an die Kindertagesstätte gewöhnen sollte. Am Montag, den 5.8., schickte der Anwalt eine E-Mail: Er kündige das Arbeitsverhältnis zum 12.8.

Das Originalschreiben erhielt die Angestellte am nächsten Tag. Am Mittwoch fehlte sie unentschuldigt, für den 8.8. und den 9.8. legte sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Nun kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos. Dagegen klagte die Frau: Die fristlose Kündigung sei unwirksam, weil sie vorher nicht abgemahnt worden sei. Fristgemäß dürfe ihr der Anwalt erst zum 20.8. kündigen, in der Probezeit gelte eine Kündigungsfrist von zwei Wochen.

Der Anwalt war der Ansicht, bei einem "gescheiterten Arbeitsverhältnis" sei eine Abmahnung überflüssig: Die Frau habe gerade mal zwei Tage gearbeitet und dann unentschuldigt gefehlt. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein sah das anders und gab der Arbeitnehmerin Recht (1 Sa 72/20).

Wenn eine Arbeitnehmerin an einem einzigen Tag unentschuldigt fehle, rechtfertige das keine fristlose Kündigung. Auch wenn das Arbeitsverhältnis hier erst zwei Tage bestand, hätte der Arbeitgeber vor einer Kündigung die Angestellte zur Arbeit auffordern und abmahnen müssen. Ihr Fehlverhalten sei nicht so gravierend gewesen, dass sich eine Abmahnung ausnahmsweise erübrigt hätte.

Gehalt müsse der Anwalt bs zum 20.8. zahlen, denn zum 12.8. habe er der Angestellten nicht kündigen dürfen. Die Kündigungsfrist in der Probezeit betrage zwei Wochen. Der Arbeitgeber könne sich nicht darauf berufen, dass er sie im Arbeitsvertrag auf eine Woche verkürzt habe. Das sei unzulässig. Abweichungen von gesetzlichen Regelungen könnten nur die Tarifvertragsparteien in einem Tarifvertrag wirksam vereinbaren. Nicht einzelne Arbeitgeber mit einzelnen Arbeitnehmern im Arbeitsvertrag.

Krankheitsbedingte Kündigung

Arbeitgeber müssen lange erkrankten Arbeitnehmern Eingliederung anbieten, wenn die Mitarbeiter das wollen

Laut Gesetz müssen Arbeitgeber einem Beschäftigten, der länger als sechs Wochen "am Stück" oder wiederholt krankgeschrieben ist, ein "betriebliches Eingliederungsmanagement" anbieten. Was bedeutet das praktisch?

Bevor der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer krankheitsbedingt kündigt, muss er mit ihm besprechen, ob und wie erneute Arbeitsunfähigkeit zu verhindern wäre. D.h. mit welchen Leistungen oder Hilfen das Unternehmen dazu beitragen kann, dass der Mitarbeiter wieder arbeiten und seine Stelle behalten kann.

Diese Pflicht gilt allerdings nicht ausnahmslos, wie folgender Fall zeigt. Ein Arbeitnehmer hatte bei einem Arbeitsunfall den linken Daumen fast ganz verloren. Zudem litt er an Asthma und psychischen Problemen. Nach dreieinhalb Jahren Arbeitsunfähigkeit kündigte die Firma dem Mann krankheitsbedingt. Zu einem betrieblichen Eingliederungsmanagement kam es nicht.

Der Firmenchef hatte wiederholt versucht, mit dem Verletzten über seinen Gesundheitszustand und die Zukunft im Unternehmen zu sprechen. Doch der Mitarbeiter lehnte hartnäckig jeden Kontakt ab: Er fühle sich "total schikaniert". Der Chef werfe ihm ja doch bloß vor, nun einen "auf Rentner zu machen". Die Klage des Arbeitnehmers gegen die Kündigung scheiterte beim Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (17 Sa 1605/18).

Nach mehr als dreieinhalb Jahren Arbeitsunfähigkeit sei eine Besserung seines Gesundheitszustandes nicht absehbar, erklärte das LAG. Das habe auch die behandelnde Fachärztin bestätigt: Nichts spreche dafür, dass der Arbeitnehmer noch einmal für die Firma arbeiten könne. Deshalb würde es deren Interessen in unzumutbarer Weise beeinträchtigen, am Arbeitsverhältnis noch länger festzuhalten.

Ausnahmsweise habe der Arbeitgeber auch darauf verzichten dürfen, ein Eingliederungsmanagement durchzuführen, weil dies nur mit dem Einverständnis des Arbeitnehmers möglich sei. Doch der weigere sich, das Betriebsgelände zu betreten und blockiere jeden Kontakt. Auch, als das Integrationsamt den kranken Mann vor der Kündigung zu einem Gespräch über seine Gesundheitsprognose eingeladen habe, sei er nicht erschienen. Unter diesen Umständen dürfe der Arbeitgeber davon ausgehen, dass es sinnlos wäre, ihm Eingliederungsmaßnahmen vorzuschlagen.

Amtsärztliche Untersuchung ist Pflicht!

Weigert sich ein kranker Arbeitnehmer, daran teilzunehmen, ist eine Abmahnung berechtigt

Ein 1962 geborener Schreiner ist seit 2002 im öffentlichen Dienst beschäftigt. Bei der Arbeit muss er öfter schwere Gegenstände tragen. Im Jahr 2018 meldete sich der Arbeitnehmer an 75 Tagen krank und legte ein Attest seines Hausarztes vor: Demnach sollte er aus gesundheitlichen Gründen nichts Schweres mehr heben oder tragen. Ab 28.12.2018 war der Mann erneut für längere Zeit krankgeschrieben.

Mitte Januar 2019 forderte ihn der Arbeitgeber auf, sich beim ärztlichen Dienst vorzustellen: Wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage sei, Gegenstände über 10 kg zu heben, könne er wohl den Beruf des Schreiners nicht mehr ausüben, vermutete die Personalabteilung.

Der Arbeitnehmer ließ zwei Termine beim Amtsarzt verstreichen, ohne zu erscheinen. Da er arbeitsunfähig sei, müsse er sich nicht untersuchen lassen, so sein Standpunkt. Der Arbeitgeber bewertete dies als Fehlverhalten und mahnte den Schreiner ab. Das fand wiederum der Arbeitnehmer "völlig daneben": Der Personalleiter müsse die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernen, forderte er.

Seine Klage scheiterte beim Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg (7 Sa 304/19). Bei so vielen Fehltagen und angesichts des ärztlichen Attestes habe die Personalabteilung mit gutem Grund daran gezweifelt, dass der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten weiterhin erfüllen könne, erklärte das LAG. Dies überprüfen zu lassen, sei ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers. Deshalb sei es zulässig gewesen, eine medizinische Untersuchung anzuordnen.

Unter diesen Umständen sei der Arbeitnehmer verpflichtet, den Termin beim Amtsarzt wahrzunehmen. Dass der Schreiner krankgeschrieben gewesen sei, ändere daran nichts. Im Gegenteil: Gerade während einer längeren Krankheit des Arbeitnehmers sei es für den Arbeitgeber unzumutbar, die notwendige Untersuchung so lange hinauszuschieben, bis dieser wieder gesund sei. Die Abmahnung sei zu Recht ausgesprochen worden.

Ein Koch verdient beim Umkleiden kein Geld

Die Arbeitszeit eines Kochs beginnt erst mit dem Zubereiten der Speisen

Der Koch eines Selbstbedienungsrestaurants musste aus Hygienegründen während der Arbeit besondere Kleidung tragen (Kochhose, Kochjacke, Einwegkochmütze, Einwegkochschürze). Zusätzlich zur Arbeitszeit von acht Stunden benötige er für das Umziehen vor und nach der Arbeit täglich 15 Minuten. Für diese Viertelstunde verlangte der Koch vom Arbeitgeber eine zusätzliche Vergütung.

Das Bundesarbeitsgericht lehnte seine Forderung jedoch ab (5 AZR 934/93). Der Koch bekomme die Zeit für das Umkleiden nicht bezahlt. Anders als etwa bei Models auf Modeschauen, gehöre nämlich das Umkleiden bei einem Koch nicht zur geschuldeten Arbeitsleistung. Die Arbeitszeit eines Kochs beginne erst, wenn er mit dem Zubereiten der Speisen anfange.

Zeiterfassung per Fingerprint ist unzulässig

Arbeitnehmer müssen Kontrolle durch die Verarbeitung biometrischer Daten nicht akzeptieren

Ein Arbeitgeber führte ein Zeiterfassungssystem ein, bei dem die Arbeitszeiten der Belegschaft mit Fingerabdruck-Scanner erfasst wurden. Ein Arbeitnehmer lehnte diese Art der Kontrolle ab und dokumentierte seine Arbeitszeiten weiterhin schriftlich. Wegen seiner hartnäckigen Verweigerung des Fingerprints mahnte ihn der Arbeitgeber zwei Mal ab. Dagegen zog der Arbeitnehmer vors Arbeitsgericht und verlangte, die Abmahnungen aus seiner Personalakte zu entfernen.

Zu Recht, entschieden das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (10 Sa 2130/19). Laut Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sei es nur ausnahmsweise zulässig, biometrische Daten (wie z.B. die Iris, den Fingerabdruck, die DNA einer Person) zu verarbeiten. So ein Ausnahmefall liege hier nicht vor. Fingerprints seien nicht erforderlich, um die Arbeitszeiten zu kontrollieren.

Der Arbeitgeber habe selbst auf alternative Kontrollsysteme hingewiesen wie etwa ein Ausweislesesystem, das ohne biometrische Daten auskomme. Warum er meine, nur mit dem Fingerabdruck-Scanner könne er Manipulationen wirklich ausschließen, sei nicht nachvollziehbar. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz dürften personenbezogene Daten von Arbeitnehmern nur benutzt werden, wenn es Anhaltspunkte für eine Straftat gebe — um den Verdacht auszuräumen oder zu bestätigen.

Für biometrische Daten müsse das erst recht gelten. Im konkreten Fall bestehe weder im Unternehmen allgemein, noch gegen den betreffenden Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht auf Arbeitszeitbetrug. Daher verstoße die Zeiterfassung mit Fingerabdruck-Scanner gegen die DSGVO. Da der Arbeitnehmer ein unzulässiges Kontrollsystem nicht akzeptieren und nutzen müsse, verletze seine Weigerung auch keine arbeitsrechtlichen Pflichten. Der Arbeitnehmer müsse die Abmahnungen aus der Personalakte tilgen.

Beamte müssen genehmigten Urlaub antreten

Bayerischer Polizist wollte Erholungsurlaub wegen Corona-Pandemie verschieben

Anfang März 2020 wurde der Erholungsurlaub des Polizeihauptmeisters genehmigt: vom 24.4. bis zum 4.5.2020. Einige Wochen später beantragte er, den Urlaub zu stornieren bzw. zu verschieben: Anlass für den Urlaubszeitpunkt seien zwei Hochzeitsfeiern gewesen, zu denen er eingeladen war. Sie seien aber wegen der aktuellen Kontaktbeschränkungen verschoben worden. Zur Erholung könne er die zwei Wochen wegen der Ausgangssperren auch nicht nutzen.

Der Dienstherr wollte von Verschieben nichts wissen und der Verwaltungsgerichtshof München gab ihm Recht (6 CE 20.943). Genehmigter Urlaub sei auch dann zu nehmen, wenn sich die Urlaubspläne nicht realisieren ließen. Das gelte für Beamte ebenso wie für Mitarbeiter privater Unternehmen.

Der Arbeitgeber — hier: der Dienstherr — könne dem Wunsch eines Mitarbeiters, aus wichtigem Grund einen Urlaub abzubrechen oder zu verschieben, dann entsprechen, wenn es "mit betrieblichen Erfordernissen vereinbar" sei. Im konkreten Fall fehle es schon am wichtigen Grund. Denn es sei nicht ersichtlich, warum es für den Beamten ausgeschlossen sein sollte, den Urlaub für Erholung, Muße und Freizeit zu nutzen.

Die Einschränkungen durch die Pandemie machten es keineswegs unmöglich, sich körperlich und mental zu regenerieren. Dass die Hochzeitsfeiern ausfielen, bedeute ebenfalls nicht, dass der Urlaubszweck Erholung nicht realisierbar sei. Prinzipiell müssten es Beamte in Kauf nehmen, wenn sie einen Urlaub, aus welchen Gründen auch immer, nicht so gestalten könnten wie geplant: Das sei ihr Risiko.

Zudem herrsche in der Dienststelle aktuell stark eingeschränkter Publikumsverkehr. Personal, das sich eigentlich im Urlaub befinde, werde nicht gebraucht. Im Gegenteil: Man reduziere die Anwesenheit — zum Schutz der Mitarbeiter vor einer Infektion — gerade auf das unbedingt notwendige Maß. Den Urlaub zu stornieren, sei daher derzeit nicht mit den dienstlichen Erfordernissen zu vereinbaren.

Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber

Ihre Gültigkeit darf nicht von der Zustimmung der Arbeitnehmer abhängen

Ein Unternehmen hatte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über variable Lohnbestandteile eines Teils der Belegschaft abgeschlossen. Über diese Betriebsvereinbarung sollte eine Abstimmung der betroffenen Arbeitnehmer entscheiden. Sie sollte gelten, wenn ihr 80 Prozent der Arbeitnehmer schriftlich zustimmten. Allerdings hatte der Betriebsrat dem Arbeitgeber zugestanden, er könne die Betriebsvereinbarung auch in Kraft setzen, falls die 80 Prozent Zustimmung nicht erreicht wurden.

Später zog der Betriebsrat vor Gericht und verlangte, die Betriebsvereinbarung für unwirksam zu erklären: Der Arbeitgeber habe ihn getäuscht, als er behauptete, durch die Vereinbarung würde sich das Gehalt der betroffenen Mitarbeiter nicht verschlechtern. Die Geschäftsleitung habe aber gewusst, dass das so kommen würde.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärte die Betriebsvereinbarung tatsächlich für ungültig — begründete dies allerdings ganz anders (1 ABR 4/19). Wenn der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung abschließe, so das BAG, gelte diese unmittelbar: Ihre Geltung dürfe nicht von der Zustimmung der Belegschaft abhängig gemacht werden. So eine Regelung widerspreche den Grundprinzipien der Betriebsverfassung.

Denn laut Betriebsverfassungsgesetz repräsentiere der gewählte Betriebsrat die Arbeitnehmer. Repräsentation bedeute (in der Politik wie im Betrieb!): Der Betriebsrat sei weder an Weisungen der Belegschaft gebunden, noch benötige er zum Handeln deren Zustimmung. Daher seien seine Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber unabhängig vom Willen der Betroffenen verbindlich. Auch für später eingestellte Arbeitnehmer seien sie gültig.

Während der Arbeitszeit ausgiebig "gesurft"

Exzessive private Nutzung des Internets mit Dienst-Laptop rechtfertigt fristlose Kündigung

Etwa sechs Monate arbeitete ein Computerexperte für einen IT-Dienstleister. Die Firma stellte ihm einen Laptop zur Verfügung. Das Gerät für private Zwecke zu verwenden, war verboten. Der Arbeitnehmer war damit einverstanden, dies kontrollieren zu lassen.

Bei einer Kontrolle fiel auf, dass er an einem Arbeitstag vom Laptop aus 13 private E-Mails verschickt hatte. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis wegen Arbeitszeitbetrugs fristlos. Obendrein beauftragte sie einen IT-Sachverständigen damit, alle Internetkontakte auf dem Laptop zu überprüfen.

Ergebnis: An einem Tag hatte der Arbeitnehmer 616 Webseiten aufgerufen, um privaten Interessen nachzugehen — alle 33 Sekunden eine. Am nächsten Tag waren es 174 private Internetkontakte, einige Wochen später noch einmal 205 an einem einzigen Tag. Die mit privater Internetnutzung vertrödelte Zeit belief sich insgesamt auf eine Arbeitswoche.

Das Landesarbeitsgericht Köln wies die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab (4 Sa 329/19). Wenn jemand das Internet und das betriebliche Mailkonto mit dem Dienstrechner gelegentlich privat nütze, rechtfertige das nicht automatisch eine fristlose Entlassung. Das gelte aber jedenfalls dann, wenn ein Arbeitnehmer — wie hier — trotz Verbots an mehreren Tagen durchgehend und über Monate hinweg regelmäßig im Internet surfe und zusätzlich private E-Mails schreibe.

Vergehe zwischen dem privat motivierten Aufruf verschiedener Webseiten nicht einmal eine Minute, könne der Computerexperte in der Zwischenzeit nicht gearbeitet haben. Wenn jemand seine Arbeitspflicht so konsequent vernachlässige, könne er/sie sogar gekündigt werden, wenn die private Internetnutzung im Arbeitsvertrag gar nicht verboten sei. Denn das stelle in der Tat Arbeitszeitbetrug dar. Im konkreten Fall sei der Verstoß so massiv gewesen, dass die Arbeitgeberin auch darauf verzichten durfte, den Arbeitnehmer vor der Kündigung abzumahnen.

Nachtzuschläge dürfen unterschiedlich hoch sein

Kurzartikel

Es ist zulässig, wenn der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer eines Getränkeherstellers unterschiedlich hohe Zuschläge für Nachtarbeit vorsieht: einen Zuschlag von 50 Prozent für die Arbeitnehmer, die nicht im Schichtsystem arbeiten und 15 Prozent für Nachtarbeit im Schichtbetrieb. Die Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt, so das Arbeitsgericht Köln, weil es zu Gunsten der Schichtarbeiter weitere Regelungen zu Freischichten und zusätzlichen bezahlten Pausen gebe.