Arbeitsrecht

Unterschlagung im Getränkemarkt

Arbeitnehmer unterschreibt notarielles Schuldanerkenntnis

Dem Filialleiter eines Getränkemarkts fielen bei der Inventur beträchtliche Fehlbestände an Leergut auf. Er ließ über der Getränkekasse eine - für die Angestellten unsichtbare - Videokamera installieren. Die Videobeobachtung zeigte, dass einer der Verkäufer Geld unterschlug, innerhalb von nur drei Arbeitstagen 1.120 Euro. Nun prüfte der Arbeitgeber die Kassenabrechnungen der letzten zwei Monate und errechnete einen Schaden von über 110.000 Euro.

Mit diesen Fakten konfrontierte der Filialleiter den Angestellten im Beisein der Betriebsratsvorsitzenden. Der Verkäufer gestand, schon seit vier Jahren regelmäßig Geld genommen und dies mit fingierten Pfandbonzetteln kaschiert zu haben. Der Arbeitgeber bestand darauf, dass der Angestellte ein von einem Notar ausgestelltes Schuldanerkenntnis unterzeichnete.

Der Verkäufer gab zu, ca. 113.000 Euro unterschlagen zu haben und verpflichtete sich, die Summe plus Zinsen in monatlichen Raten von 200 Euro zurückzuzahlen. Später bereute der Übeltäter sein Nachgeben, focht das notarielle Schuldanerkenntnis an und forderte die Urkunde heraus: Wie man ihn überführt und schließlich zu einem Geständnis genötigt habe, sei sittenwidrig gewesen. Wer ein Schuldanerkenntnis unterzeichne, gebe damit auch solche Einwände dagegen auf, urteilte das Bundesarbeitsgericht (8 AZR 144/09).

Die hätte der Täter vor der Unterschrift erheben müssen. Nachträglich könne er gegen das Schuldanerkenntnis nicht einwenden, man habe ihn auf unzulässige Weise dazu gebracht. Zwar sei die Summe hoch, zu deren Rückzahlung er sich verpflichtete. Doch sei der Schadensbetrag geradezu vorsichtig kalkuliert - gemessen an dem, was der Verkäufer gestanden und der Arbeitgeber an Verlust errechnet habe. Die Drohung mit einer Strafanzeige erscheine angesichts der Fakten keineswegs unverhältnismäßig.

Ist eine alleinerziehende Betriebsrätin ...

... auswärts tätig, muss der Arbeitgeber die Kosten der Kinderbetreuung ersetzen

Die Betriebsrätin eines großen Unternehmens hatte drei Kinder. Eine Tochter war volljährig, die anderen Kinder elf und zwölf Jahre alt. Als der Gesamtbetriebsrat des Konzerns eine Betriebsräteversammlung auswärts festsetzte, musste die Mutter für mehr als eine Woche verreisen. Deshalb engagierte sie für die schulfreien Nachmittage der Kinder eine Betreuerin.

600 Euro zahlte sie der Frau dafür - anschließend sollte der Arbeitgeber diesen Betrag ersetzen. Als der Konzern sich weigerte, klagte die Betriebsrätin das Geld ein. Zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht entschied (7 ABR 103/08). Diese Ausgabe sei notwendig gewesen, um die Aufgabe als Betriebsrätin zu erfüllen. Der Betrag sei auch nicht unangemessen hoch.

Keinesfalls seien diese Kosten dem Privatleben der Betriebsrätin zuzuordnen, wie der Arbeitgeber behaupte. Denn die Frau habe außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben wahrnehmen müssen. In so einem Fall müsse sie sicherstellen, dass ihre minderjährigen Kinder während ihrer Abwesenheit betreut würden. Dazu seien Eltern verpflichtet.

Wenn Elternpflicht und Pflichten als Betriebsrätin kollidierten, dürfe der Arbeitnehmerin kein finanzieller Nachteil daraus entstehen, dass sie versuche, beiden gerecht zu werden. Die Betriebsrätin habe die Kinderbetreuung auch nicht ihrer erwachsenen Tochter aufbürden können: Diese sei berufstätig und nachmittags nicht zuhause.

"Anlernvertrag" beim Malermeister

Ausbildung muss prinzipiell im "Berufsausbildungsverhältnis" stattfinden!

Einen richtigen Ausbildungsvertrag könne er ihr nicht anbieten, erklärte der Malermeister der Bewerberin um eine Lehrstelle. Doch wenn sie bereit wäre, einen "Anlernvertrag" für den Beruf "Maler und Lackierer" zu unterschreiben, könne sie in seinem Betrieb auch viel lernen.

Darauf ließ sich die Bewerberin ein und vereinbarte mit dem Handwerker eine Vergütung, die weit unter der branchenüblichen Mindestvergütung für Arbeitnehmer lag. Als die junge Frau den Betrieb verließ, verklagte sie den Malermeister, ihr nachträglich den Differenzbetrag zwischen ihrem "Hungerlohn" und eben dieser Mindestvergütung auszuzahlen.

Das Landesarbeitsgericht verurteilte ihn dazu und das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigte die Entscheidung (3 AZR 317/08). Wenn ein Betriebsinhaber mit einem Bewerber keinen Ausbildungsvertrag schließen wolle, so das BAG, könne er stattdessen ein Arbeitsverhältnis vereinbaren. Dann sei er allerdings verpflichtet, ihm bzw. ihr die übliche Vergütung zu zahlen.

Ausbildung für einen anerkannten Ausbildungsberuf müsse dagegen grundsätzlich in einem Berufsausbildungsverhältnis stattfinden. Verträge, mit denen ein "Anlernverhältnis" oder dergleichen vereinbart werde, verstießen gegen das Berufsbildungsgesetz und seien nichtig. So ein dubioser Anlernvertrag sei dann wie ein normales Arbeitsverhältnis zu behandeln.

Im Büro Elektroroller aufgeladen:

Netzwerkadministrator wurde wegen Stromdiebstahls gefeuert!

Seit 1990 war der (jetzt 41 Jahre alte) Computerfachmann bei der Arbeitgeberin beschäftigt, zuletzt als Netzwerkadministrator. 2009 mietete er für einige Tage einen Elektroroller und fuhr damit ins Büro. Im Vorraum zum Betriebs-Rechenzentrum schloss er den Roller an eine Steckdose an, um den Akku aufzuladen.

Etwa eineinhalb Stunden später wurde der Arbeitnehmer von einem Vorgesetzten aufgefordert, den Roller vom Stromnetz abzukoppeln. Wegen "Stromdiebstahls" - es waren sage und schreibe 1,8 Cent Stromkosten entstanden - kündigte die Arbeitgeberin dem Computerfachmann fristlos.

Der Mitarbeiter habe heimlich auf Kosten des Unternehmens seinen privaten Elektroroller am Stromnetz aufgeladen und damit ein Vermögensdelikt begangen, so die Begründung. Das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die Kündigung für unwirksam (16 Sa 260/10).

Eine Abmahnung wäre in diesem Fall ausreichend gewesen. Immerhin arbeite der Mann schon 19 Jahre im Unternehmen und habe nur minimalen Schaden angerichtet. Dazu komme, dass im Betrieb von vielen Mitarbeitern regelmäßig Handys aufgeladen und privat elektronische Bilderrahmen aufgestellt würden. Dagegen sei die Arbeitgeberin jedoch nie eingeschritten.

Falschgeld in der Kasse

Kommunale Angestellte im Straßenverkehrsamt wird fristlos entlassen

Die mittlerweile 50 Jahre alte Frau ist seit 1986 bei der Stadt Dortmund angestellt. Sie bearbeitete im Straßenverkehrsamt Führerscheinangelegenheiten und hatte dabei auch Gebühren zu kassieren. Bei einer Kassenprüfung 2009 wurde in der Kasse Falschgeld gefunden: Bei einem Barbestand von 828 Euro waren Scheine im (nominellen) Wert von 650 Euro falsch.

Wegen des Verdachts, dass sie das Geld bewusst ausgetauscht hatte, kündigte die Kommune der Frau fristlos: Das Geld sei auf den ersten Blick als Fälschung zu erkennen. Da alle Scheine gleich präpariert seien, könne man ausschließen, dass sie von verschiedenen Bürgern eingezahlt wurden.

Die Verwaltungsangestellte behauptete, das Falschgeld nicht erkannt zu haben. Sie habe ein paar Scheine in der Kasse "gesammelt", die der Kassenautomat der Behörde nicht akzeptierte und die sie dann am Automaten durch eigenes Geld ersetzte. Mit dieser Schutzbehauptung kam die Frau jedoch weder bei der Arbeitgeberin, noch bei den Arbeitsrichtern durch.

Das Landesarbeitsgericht Hamm wies ihre Kündigungsschutzklage ab (17 Sa 537/10). Hier gehe es um eine Straftat zu Lasten der Arbeitgeberin: Bei so dringendem Tatverdacht sei eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Die Fälschungen seien dilettantisch und auffällig gewesen: Vor- und Rückseite zusammengeklebt, die Farben hätten nicht gestimmt, die Ränder seien ungleichmäßig gewesen und das Hologramm habe ganz anders ausgesehen.

Daher sei es unglaubwürdig, dass der Angestellte beim Kassieren nichts aufgefallen sein sollte. Unklar auch, warum sie nach dem angeblich erfolglosen Einzahlen in den Automaten eigene Geldscheine hätte verwenden sollen. Es bleibe kein anderer Schluss übrig, als dass die Arbeitnehmerin vorsätzlich Geld gegen Falschgeld getauscht habe.

Mitarbeiterin betrog Bahn um 160 Euro

Kündigung nach 40 Dienstjahren ist trotz des Fehltritts unwirksam

Zum 40. Dienstjubiläum spendiert die Deutsche Bahn ihren Mitarbeitern einen Zuschuss zu einer Feier mit Kollegen, maximal 250 Euro für Bewirtungskosten. Eine Zugabfertigerin nutzte diese Gelegenheit: Sie ließ sich nach der Feier von der Catering-Firma, die das Essen geliefert hatte, eine "Gefälligkeits"-Quittung über 250 Euro ausstellen, obwohl das Buffet nur 90 Euro gekostet hatte.

Von der Bahn ließ sich die Frau 250 Euro "erstatten". Wegen dieses Betrugs um 160 Euro kündigte die Bahn der Arbeitnehmerin fristlos. Doch deren Kündigungsschutzklage hatte beim Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg Erfolg (2 Sa 509/10). Trotz des strafrechtlich relevanten, groben Fehlverhaltens, das an sich eine Kündigung rechtfertige, sei im konkreten Fall die Kündigung unwirksam, so das LAG.

Wenn jemand 40 Jahre lang ohne irgendeine Beanstandung für einen Arbeitgeber arbeite, führe dies zu einem sehr hohen Vertrauenskapital. Das sei durch einen einmaligen Fehltritt noch nicht zerstört - zumal die Pflichtverletzung nicht mit der beruflichen Tätigkeit der Frau zusammenhänge. Denn als Zugabfertigerin habe die Arbeitnehmerin - anders als eine Supermarkt-Kassiererin - nicht regelmäßig mit Gelddingen zu tun. Darüber hinaus habe die Bahnmitarbeiterin ihren Fehler auch sofort zugegeben.

Bankvorstand stellte Boni in Aussicht ...

Dresdner Bank durfte sie trotzdem wegen "finanzieller Schieflage" kürzen

Im August 2008 erwog der Vorstand der Dresdner Bank, für die bonusberechtigten Mitarbeiter der Tochter "Dresdner Kleinwort Investment Bank" Boni in Höhe von insgesamt 400 Millionen Euro auszuschütten. Das erfuhren die Angestellten im Oktober. Wer wieviel bekommen würde, sollte allerdings frühestens im Dezember entschieden werden.

Im Dezember teilte man den bonusberechtigten Mitarbeitern die vorläufige Bonushöhe mit - unter Vorbehalt: Im Januar 2009 stehe eine weitere Prüfung der Gewinnsituation an, deshalb könne die Dresdner Bank über die Boni erst im Februar endgültig befinden. Mittlerweile war die Dresdner Bank von der Commerzbank übernommen worden: Anfang Februar 2009 entschied der Vorstand der Dresdner Bank, nur zehn Prozent der angekündigten Bonussumme auszuzahlen.

Damit waren viele Mitarbeiter nicht einverstanden und klagten auf Auszahlung der vollen Summe. Mit diesem Anliegen blitzten sie beim Arbeitsgericht Frankfurt und beim Landesarbeitsgericht Hessen ab (7 Sa 2082/09 u.a.). Die mündlichen und schriftlichen Mitteilungen der Dresdner Bank zu den Boni hätten nie eine verbindliche Zusage enthalten, so die Richter. Die Mitarbeiter hätten nie davon ausgehen können, dass damit das "letzte Wort" über die Boni gesprochen sei.

Deshalb habe die Dresdner Bank nach der Prüfung ihrer Ertragslage - die in einem "Bonusbrief" ausdrücklich angekündigt wurde - die Boni kürzen dürfen. Obwohl sie drastisch reduziert wurden, sei diese Maßnahme aufgrund der wirtschaftlichen Situation der Bank gerechtfertigt.

Mit Diensthandy 16.000 private SMS verschickt

Rauswurf eines Flughafenarbeiters ist unwirksam, weil er nicht vorher abgemahnt wurde

Ein Tochterunternehmen der Lufthansa, eine Cateringfirma, hatte ihren Angestellten Diensthandys ausgehändigt, über die sie größtenteils ihre Arbeitsanweisungen erhielten. Die Mobiltelefone wurden von einigen Arbeitnehmern für private Kommunikation benutzt: Bei einer internen Überprüfung der Handyrechnungen wurden viele Abrechnungen beanstandet und in der Folge 20 Mitarbeiter entlassen.

Ein Beschäftigter in der Großküche des Frankfurter Flughafens war "einsame Spitze": Der Mann hatte innerhalb von 22 Monaten etwa 16.000 private Kurznachrichten vom Diensthandy aus verschickt und so die Firma um 2.500 Euro geschädigt. Trotzdem erklärte das Arbeitsgericht Frankfurt die Kündigung der Arbeitgeberin für unwirksam (24 Ca 1697/10).

Im Prinzip sei eine Kündigung gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer ein Diensttelefon für private Zwecke missbrauche. Der Koch habe sich pflichtwidrig verhalten und die Firma um eine hohe Summe gebracht. Dabei habe die Catering-Firma dem Angestellten sogar (auf seinen Antrag hin!) extra ein Handy mit zwei Nummern gegeben, damit er Privatgespräche über eine der Nummern extra abrechnen konnte.

Doch die Arbeitgeberin habe zu spät gehandelt. Fast zwei Jahre lang seien ständig überhöhte Telefonrechnungen "eingelaufen", ohne dass die Firma darauf reagiert und den Arbeitnehmer zur Rede gestellt hätte. Vor einer Kündigung hätte die Arbeitgeberin den Koch auf jeden Fall abmahnen müssen, um ihm zu verdeutlichen, dass sie das vertragswidrige Verhalten nicht länger dulden werde.

Schichtplan stört Gewerkschaftsarbeit

Arbeitgeber muss das Engagement berücksichtigen - doch die Arbeitspflicht geht vor

Die Arbeitnehmerin war (nicht freigestelltes) Mitglied des Betriebsrats. Sie arbeitete früher regelmäßig von sechs bis 14 Uhr, später im Dreischichtbetrieb. Ende 2007 wurde die Frau Mitglied des Ortsvorstands einer Gewerkschaft, der einmal im Monat von 13 bis 17 Uhr tagte. Vom Arbeitgeber verlangte sie, für die Sitzungen von der Arbeit freigestellt zu werden (ohne Bezahlung). Auf die Terminplanung habe sie keinen Einfluss.

Der Arbeitgeber bot ihr an, die Sitzungstermine künftig bei der Schichteinteilung zu berücksichtigen. Mehr "sei nicht drin". Damit muss sich die Arbeitnehmerin auch nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts begnügen (1 AZR 173/09). Anspruch darauf, für das Engagement bei der Gewerkschaft von der Arbeitspflicht befreit zu werden, habe die Arbeitnehmerin nicht, so die Bundesrichter.

Hier überwiege das Interesse des Arbeitgebers an der vertraglich begründeten Arbeitspflicht. Mit Abschluss des Arbeitsvertrags habe die Frau über ihr Grundrecht auf gewerkschaftliche Betätigung quasi indirekt verfügt, es sei während der Arbeitszeit eingeschränkt. Der Arbeitgeber müsse allerdings ihre Interessen bei der Ausgestaltung der Schichtpläne berücksichtigen.

Arbeitgeber berechnete Kündigungsfrist falsch

Arbeitnehmer muss trotzdem innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung klagen

Seit 1995 arbeitete der Mann an einer Tankstelle. Zwei Mal wechselte in dieser Zeit der Tankstellenpächter. Die letzte Pächterin kündigte dem Mitarbeiter am 22. April 2008 zum 31. Juli 2008. Der Arbeitnehmer akzeptierte die Kündigung, rügte aber die falsch berechnete Kündigungsfrist: Immerhin sei er über zwölf Jahre lang beschäftigt gewesen. Dass er erst im November den ausstehenden Lohn für August und September einklagte, kostete ihn den Lohn.

Gegen eine Kündigung müssen Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang des Kündigungsschreibens klagen. Geht es nur um die Dauer der Kündigungsfrist - und nicht um die Wirksamkeit der Kündigung -, nahm es das Bundesarbeitsgericht bisher mit der Klagefrist von drei Wochen nicht so genau (so z.B. 2 AZR 215/05 vom 6. Juli 2006).

Doch im konkreten Fall stellte sich das Bundesarbeitsgericht auf die Seite der Arbeitgeberin (5 AZR 700/09). Sie habe zwar die Kündigungsfrist falsch berechnet: Korrekterweise hätte sie dem Mann wegen seiner langen Beschäftigungsdauer erst zum 30. September 2008 kündigen dürfen, also mit einer Kündigungsfrist von fünf Monaten.

Die falsche Rechnung der Arbeitgeberin hätte der Arbeitnehmer jedoch innerhalb der Drei-Wochen-Frist für eine Kündigungsschutzklage anfechten müssen. Da das nicht geschah, sei das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 31. Juli 2008 wirksam beendet worden und der Anspruch des Mitarbeiters auf Lohn für August und September entfallen.

"Aus dem Weg, du Arsch"

Lkw-Fahrer beleidigt Mitarbeiter eines Kunden: Die fristlose Kündigung ist unwirksam

Seit sechs Jahren arbeitete der Mann als Kraftfahrer für ein Logistikzentrum. Schon oft hatte er einen Kunden beliefert, dessen Gebäude eine sehr enge Einfahrt mit ebenso knapp bemessener Durchfahrtshöhe hatte. Immer war es gut gegangen. Eines Tages bekam er es bei einer Lieferung mit einem neuen Verwalter des Kunden zu tun, den er noch nicht kannte.

Der Kraftfahrer führte das schwierige Manöver durch und berührte leicht das Tor. Da lief der Verwalter besorgt um den Laster herum und fragte: "Wie oft wollt ihr jetzt da oben noch gegen fahren?" Anschließend forderte er den Fahrer in gereiztem Ton auf, nicht weiter zu rangieren. Der blieb ihm nichts schuldig und antwortete: "Ich liefere hier seit Jahren und jetzt aus dem Weg, du Arsch". Aus dem Wortwechsel wurde ein hitziger Streit, in dessen Verlauf der Kraftfahrer sein Gegenüber noch ein paar Mal "Arschloch" nannte.

Daraufhin kündigte der Arbeitgeber dem Fahrer fristlos, weil er den Vertreter eines wichtigen Kunden beleidigt hatte. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage und hatte damit beim Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein Erfolg (4 Sa 474/09).

Grobe Beleidigungen verletzten zwar die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, so das LAG. Trotzdem zögen sie nicht automatisch eine fristlose Kündigung nach sich - auch wenn so ein Auftritt objektiv eine Geschäftsbeziehung des Arbeitgebers gefährde.

Im konkreten Fall müsse man zu Gunsten des Fahrers berücksichtigen, dass dies ohne Absicht geschehen sei. Seinen Kontrahenten habe er nicht gekannt und nicht gewusst, dass dieser ein Repräsentant des Kunden war. Der Kraftfahrer habe den Verwalter für einen "Wichtigtuer" gehalten. Der Arbeitnehmer habe sechs Jahre lang einwandfrei gearbeitet und auch die schwierige Einfahrt des Kunden regelmäßig gut gemeistert. In so einem Fall genüge es, den Arbeitnehmer abzumahnen, um so eine Wiederholung des Fehlverhaltens zu verhindern. Die Kündigung sei unwirksam.

Schon wieder eine Frikadellen-Kündigung

Fristlose Kündigung eines Mensa-Mitarbeiters wegen Diebstahls ist unwirksam

Seit 1991 arbeitet der Mann für eine Mensa der Ruhr-Uni Bochum. Im Sommer 2009 hatte der Chef den damals 50-Jährigen dabei beobachtet, wie er sich beim Durchgang durch die Küche zwei Frikadellen und Pommes frites schnappte, um sie zu essen. Der Chef erinnerte den Mitarbeiter daran, dass er Lebensmittel bezahlen müsse. Der langte ohne Kommentar noch einmal zu und ging in den Pausenraum.

Nun bat ihn der Vorgesetzte ins Büro. Doch der Angestellte teilte ihm nur mit, er solle ihn in Ruhe lassen. Starker Tobak - aber ein Grund für eine fristlose Kündigung? Der Arbeitgeber sah das so und kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Diebstahls fristlos. Darüber hinaus habe sich der Mensa-Mitarbeiter seinem Chef widersetzt.

Das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die Kündigung für unwirksam (8 Sa 711/10). Nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes sei der Mann nur noch außerordentlich kündbar, so lange arbeite er schon für den Betreiber der Mensa. 19 Jahre lang habe es mit dem Angestellten keine Probleme gegeben, stellten die Richter fest.

Da könne das Vertrauensverhältnis durch einen einmaligen Fehltritt nicht völlig zerstört sein - auch wenn sich der Mitarbeiter ziemlich renitent zeigte. Der Arbeitgeber hätte mindestens eine Abmahnung aussprechen müssen, um den Mann zu warnen und ihm die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu überdenken.

Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto

Verfällt der Anspruch des Arbeitnehmers, wenn er ihn nach der Ausschlussfrist geltend macht?

Laut Tarifvertrag der Branche hatte Arbeitgeber Y für jeden Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto zu führen. Arbeitnehmer mussten, wenn das Arbeitsverhältnis endete, ihre auf das Konto gestützten Ansprüche innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten geltend machen.

Im Oktober 2006 wies das Arbeitszeitkonto von Arbeitnehmer X ein Guthaben von 90 Stunden auf. Bei einer Lohnabrechnung wurde ihm dieser "Kontostand" vom Arbeitgeber Y mitgeteilt, ohne jeden Vorbehalt. Ausgeglichen wurde das Guthaben nicht, weder in Freizeit, noch in Geld. Als das Arbeitsverhältnis 2008 endete, war es immer noch nicht ausgeglichen. Erst nach der Ausschlussfrist klagte X die Auszahlung seines Guthabens ein.

Entgegen der Ansicht des Arbeitgebers Y ist der Zahlungsanspruch von X deshalb nicht verfallen, urteilte das Bundesarbeitsgericht (5 AZR 521/09). Das Guthaben stehe ihm ohne Wenn und Aber zu. Hier handle es sich um einen Anspruch auf Vergütung für vorher geleistete Arbeit. Werde eine Lohnforderung in der schriftlichen Lohnabrechnung vorbehaltlos ausgewiesen, anerkenne sie der Arbeitgeber (juristisch: Er stellt sie "streitlos").

Teile der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorbehaltlos den Stand seines Arbeitszeitkontos mit, gelte das auch. Dann sei die im Tarifvertrag festgelegte Ausschlussfrist für Forderungen nicht mehr von Belang. Nur, wenn der Arbeitgeber den Saldo des Arbeitszeitkontos unter Vorbehalt mitteile, müsse der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist beachten.

Weihnachtsgeld - nur freiwillig

Arbeitgeber zahlte die Gratifikation jahrelang trotz Vorbehalts im Arbeitsvertrag

Der Diplom-Ingenieur - seit 1996 im Unternehmen - erhielt von 2002 bis 2007 Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes. Die Zahlung erfolgte jeweils ohne Vorbehalt, allerdings stand eine einschlägige Klausel im Arbeitsvertrag: "Soweit der Arbeitgeber Leistungen wie Prämien … Weihnachtsgratifikationen etc. gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit … widerrufbar".

Wegen der Wirtschaftskrise weigerte sich der Arbeitgeber 2008, Weihnachtsgeld zu zahlen. Der Ingenieur klagte es ein und setzte sich beim Bundesarbeitsgericht durch (10 AZR 671/09). Begründung: Gewähre ein Arbeitgeber mehrere Jahre lang Weihnachtsgeld, ohne bei der Zahlung deutlich eine Verpflichtung für die Zukunft auszuschließen, dürften die Arbeitnehmer dieses regelmäßige Verhalten so auslegen, dass sich der Arbeitgeber dauerhaft dazu verpflichten wolle.

Daraus könne ein Rechtsanspruch auf die Gratifikation entstehen - es sei denn, so ein Anspruch werde im Arbeitsvertrag klar und eindeutig ausgeschlossen. Im konkreten Fall sei die Klausel jedoch unklar. Sie könne auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Zahlung verpflichte. Zudem setze ein Widerruf voraus, dass überhaupt ein Anspruch bestehe.

Erkrankter Bauleiter musste Dienstwagen abgeben

Recht auf private Nutzung endet bei längerer Krankheit mit der Entgeltfortzahlung

Der Bauunternehmer hatte dem Bauleiter einen Dienstwagen gestellt, den er auch privat nutzen durfte. 2008 fiel der Arbeitnehmer wegen einer langwierigen Krankheit über neun Monate aus. Am 3. März meldete er sich krank, sein Anspruch auf Entgeltfortzahlung endete am 13. April. Erst Mitte Dezember nahm der Bauleiter seine Arbeit wieder auf.

Im November musste er auf Verlangen des Bauunternehmens den Dienstwagen abgeben. Für die Wochen ohne Auto müsse ihm der Arbeitgeber Nutzungsausfallentschädigung zahlen, meinte der Angestellte. Schließlich stehe ihm der Dienstwagen laut Arbeitsvertrag zu. Es kam zum Rechtsstreit, den der Bauleiter in allen Instanzen bis hin zum Bundesarbeitsgericht verlor (9 AZR 631/09).

Die private Nutzung eines Dienstwagens stelle ein zusätzliches (steuer- und abgabenpflichtiges) Arbeitsentgelt dar, das im Arbeitsvertrag geregelt sei. Deshalb könne ein Arbeitnehmer durchaus Nutzungsausfallentschädigung verlangen, wenn sie ihm vorenthalten werde. Aber nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Dienstwagen vertragswidrig entziehe.

Das sei hier jedoch nicht der Fall. Denn der Arbeitgeber müsse dem Arbeitnehmer das Dienstfahrzeug nur so lange zum Gebrauch überlassen, wie er dem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt schulde. In Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit entfalle - mit dem Ende des Anspruchs auf Lohnfortzahlung - der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt. Der Dienstwagen zur privaten Verfügung sei Teil der Gegenleistung des Arbeitgebers und stehe dem Arbeitnehmer nur in diesem Rahmen zu.

Städtischer Arbeiter als Zuhälter

Kann ihm die Kommune wegen der "illegalen Nebentätigkeit" kündigen?

Ein kommunaler Straßenbauarbeiter auf Abwegen: Eine junge tschechische Frau ging für ihn auf den Strich. Als er sie zurück nach Tschechien schicken wollte und sie sich weigerte, schlug er die Prostituierte. Die Frau ging zur Polizei: Der Angestellte im öffentlichen Dienst wurde wegen Zuhälterei und Körperverletzung zu einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt.

Ausführlich berichtete die Presse über den Prozess, auch über das Tatmotiv, das der Angeklagte vor Gericht angab: Mit dem dürftigen Gehalt als Straßenbauarbeiter könne er seine Familie nicht ernähren und habe deshalb beschlossen, als Zuhälter zusätzlich Geld zu verdienen. Sein Arbeitsvertrag wurde von der Stadt fristgemäß gekündigt: Durch die Medienberichte über Taten und Motiv sei ihr Ruf beschädigt worden.

Daraufhin erhob der Angestellte Kündigungsschutzklage: Sein außerdienstliches Fehlverhalten habe keinerlei Bezug zum Arbeitsverhältnis, meinte er. Im Prinzip erst mal nicht, räumte das Bundesarbeitsgericht ein (2 AZR 293/09). Der Ex-Zuhälter habe den Zusammenhang jedoch im Strafverfahren selbst hergestellt: Indem er seine Straftaten mit dem seiner Meinung nach zu niedrigen Gehalt erklärte, habe er die Arbeitgeberin für seinen Fehltritt mitverantwortlich gemacht.

Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes seien in besonderem Maß an Recht und Gesetz gebunden und würden von der Öffentlichkeit besonders kritisch beobachtet. Daher habe die Stadt ein berechtigtes Interesse daran, nicht in Zusammenhang mit Straftaten ihrer Bediensteten gebracht zu werden - und sei er noch so abwegig. Die Kündigung sei wirksam.

Kundenbonussystem missbraucht

Dem Tankstellenmitarbeiter durfte aber nicht ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden

An einer Tankstelle erhielten Kunden fürs Tanken Bonuspunkte auf einer Kundenkarte. Ein Mitarbeiter der Tankstelle verbuchte einige Male die Punkte für Tankbeträge von Kunden - die tankten, aber die Kundenkarte nicht nutzten - auf der Kundenkarte eines Kollegen (insgesamt 230 Euro). Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos.

Der entlassene Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage und behauptete, er habe aus Unkenntnis einen Fehler gemacht. Das Landesarbeitsgericht Hessen erklärte die Kündigung für unwirksam: Der Arbeitgeber habe nicht belegen können, dass sich der Mitarbeiter bewusst über ein ihm bekanntes Verbot hinweggesetzt habe (2 Sa 422/10).

Wenn Mitarbeiter Kunden-Bonuspunkte für eigene Zwecke sammelten, sei das zwar ein Fehlverhalten, das den Absichten des Arbeitgebers zuwiderlaufe: Der wolle den Kunden Vorteile zukommen lassen, um sie ans Unternehmen zu binden. So ein Fehltritt rechtfertige aber keine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung, wenn der Mitarbeiter nicht über die Folgen eines Missbrauchs informiert wurde.

Dass die Tankstellenmitarbeiter in das EDV-System zu den Bonuspunkten eingewiesen wurden, sei dafür kein Beweis. Man könne nicht davon ausgehen, dass alle das 30-seitige Bedienerhandbuch komplett durchlesen. Der Arbeitgeber hätte ohne weiteres ein Merkblatt verteilen und unmissverständlich klarstellen können, dass es für Mitarbeiter verboten sei, Kunden-Bonuspunkte sich oder Kollegen gutzuschreiben.

Vorschriften zu Fingernägeln und Unterwäsche

Das Aussehen im Dienst ist nicht uneingeschränkt Privatsache

Mitarbeiter eines Unternehmens, das an Flughäfen im Auftrag der Bundespolizei Fluggäste kontrolliert, wandten sich gegen eine betriebliche Vereinbarung, die ihr äußeres Erscheinungsbild betraf. Haarfarbe, Fingernägel, Unterwäsche - nichts wurde bei den Regeln ausgelassen. Dieser Eingriff in die Privatsphäre gehe zu weit, fanden einige Arbeitnehmer.

Der Gang zum Arbeitsgericht erbrachte jedoch nur einen Teilerfolg für die Mitarbeiter. Das Landesarbeitsgericht Köln kippte die Vorschrift, weibliche Kontrolleure dürften ihre Fingernägel nur einfarbig lackieren (3 TaBV 15/10). Auch die Anweisung an männliche Mitarbeiter, ihre Haare nur mit natürlich wirkenden Farben zu färben, wurde von den Arbeitsrichtern für zu weitgehend erklärt.

Keine Einwände hatten sie jedoch gegen die Vorschrift, Fingernägel "in maximaler Länge von 0,5 cm über der Fingerkuppe zu tragen". Längere Nägel könnten Passagiere beim Abtasten verletzen. Im Punkt "Frisur" fanden die Richter die Formulierung korrekt: "Grundsätzlich sind Haare immer sauber, niemals ungewaschen oder fettig wirkend zu tragen. ... Eine gründliche Komplettgesichtsrasur bei Dienstantritt ist Voraussetzung; alternativ ist ein gepflegter Bart gestattet".

Auch die Regelungen zur Unterwäsche billigte das Gericht. Denn sie sollten für ordentliches Aussehen sorgen und die Dienstkleidung des Unternehmens schützen: "Das Tragen von BHs, Bustiers bzw. eines Unterhemdes ist vorgeschrieben. Unterwäsche ist in Weiß oder in Hautfarbe (ohne Muster - Beschriftungen - Embleme etc.) zu tragen. Andersfarbige Unterwäsche darf in keiner Form durchscheinen. ... Feinstrumpfhosen sowie Socken dürfen keinerlei Muster, Nähte oder Laufmaschen aufweisen".

"Wie im Dritten Reich ..."

Wer die Arbeitgeberin grob beleidigt, muss mit fristloser Kündigung rechnen

Der cholerische Lkw-Fahrer hatte schon einige Rechtsstreitigkeiten mit seiner Arbeitgeberin hinter sich. 2004 hatte er in einem dieser Prozesse das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen als "korrupt" beschimpft: Es sei "schlimmer als die Kommunisten". 2007 richtete sich eine wütende Tirade gegen die Arbeitgeberin, der Vergleich fiel nicht weniger drastisch aus.

Nach über 30 Jahren im Betrieb hatte diese den Fahrer entlassen. Er erhob Kündigungsschutzklage. Bei der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht rastete der Mann aus und hielt seiner Chefin vor, sie "lüge wie gedruckt. Wie sie mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich". Auf die Forderung des Gerichts, sachlich zu argumentieren oder den Saal zu verlassen, reagierte der Mann nicht.

Nach diesem Auftritt kündigte die Chefin dem Arbeitnehmer erneut fristlos. Seine Klage dagegen scheiterte beim LAG Hessen (3 Sa 243/10). Die Kündigung sei wirksam, so das LAG, weil der Mitarbeiter die Arbeitgeberin übel verunglimpft habe. Wer betriebliche Verhältnisse und Methoden mit dem nationalsozialistischen Terrorregime vergleiche, beleidige die betroffenen Personen aufs Gröbste, verharmlose zugleich die Verbrechen des NS-Regimes und verhöhne dessen Opfer.

So eine Schmähung sei durch nichts zu rechtfertigen, auch nicht durch (zutreffende oder unzutreffende) Kritik an betrieblichen Vorgängen. Der gekündigte Lkw-Fahrer habe zudem die Chance vertan, seine Beleidigung vor Gericht zurückzunehmen. Bei der Abwägung aller Umstände habe man auch berücksichtigen müssen, dass der unbeherrschte Arbeitnehmer in einem früheren Prozess das LAG mit "Kommunisten" verglichen habe.

Handgemenge bei der Weihnachtsfeier

Betriebsrat wegen Tätlichkeit entlassen - nach 24 Jahren im Unternehmen

24 Jahre war der Mann im Unternehmen beschäftigt und erfüllte seine Aufgaben einwandfrei, zuletzt als engagierter Vorsitzender des Betriebsrats. Dann rastete er bei einer betrieblichen Weihnachtsfeier aus. Er stritt mit einem Kollegen, aus dem Streit wurde ein Gerangel und dann schlug der Betriebsrat zu. Ob mit der offenen Hand oder mit der Faust, blieb strittig.

Klar und eindeutig fiel dagegen die Reaktion des Arbeitgebers aus: Er kündigte dem Arbeitnehmer fristlos. Da der Betriebsrat der Kündigung nicht zustimmte, benötigte das Unternehmen ersatzweise das "Placet" des Arbeitsgerichts für die Entlassung. Das Arbeitsgericht Osnabrück billigte sie (4 BV 13/08).

Ob Ohrfeige oder Faustschlag, das spiele keine Rolle, erklärte das Gericht. Tätliche Angriffe unter Kollegen rechtfertigten allemal eine fristlose Kündigung. Auf einer Weihnachtsfeier gelten die gleichen Anforderungen an das Verhalten der Arbeitnehmer wie während der Arbeitszeit. So ein eklatanter Verstoß gegen den Betriebsfrieden sei nicht hinnehmbar.

Weder der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder, noch die lange Dauer der Betriebszugehörigkeit retteten das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsvorsitzenden: Das Interesse des Unternehmens daran, den Betriebsfrieden zu wahren, habe absolut Vorrang. Schließlich treffe den Arbeitgeber gegenüber der gesamten Belegschaft eine Fürsorgepflicht.