Arbeitsrecht

Arbeiter fliegt, weil er im Lager rauchte

In dem Lebensmittelbetrieb herrscht striktes Rauchverbot

Schon 30 Jahre war der Lagerarbeiter in dem Lebensmittelbetrieb beschäftigt. Um die Lebensmittel zu schützen und wegen Brandgefahr galt bei der Produktion und im Lager striktes Rauchverbot. Nichtsdestotrotz erwischte der Geschäftsführer des Unternehmens den Lagerarbeiter im Frühjahr 2006 beim Rauchen am Arbeitsplatz. Der Mann wurde abgemahnt. Einige Wochen später zündete er sich erneut im Lager eine Zigarette an. Daraufhin wurde sein Arbeitsvertrag fristgerecht gekündigt.

Doch der Betriebsrat erreichte einen Kompromiss mit dem Arbeitgeber: Wegen der langen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers sollte der Chef die Kündigung zurückziehen, wenn sich der Lagerarbeiter innerhalb der Kündigungsfrist keinen weiteren Verstoß gegen die Betriebsordnung leistete. So geschah es dann auch. Das Arbeitsverhältnis wurde fortgesetzt, bis der Arbeitnehmer vier Monate später wieder rauchend im Lager angetroffen wurde.

Das Landesarbeitsgericht Nordrhein-Westfalen wies seine Kündigungsschutzklage zurück (4 Sa 590/08). Direkt neben dem Lager gebe es einen Aufenthaltsraum, in dem der Arbeiter problemlos hätte rauchen können. Wo die Fertigwaren gelagert werden, bestehe dagegen ebenso Rauchverbot wie in den Produktionsräumen. Denn die Verpackungen seien leicht entflammbar.

Das wisse der Arbeiter schon lange. Zudem sei er durch Abmahnung und Kündigung eindringlich gewarnt worden: Die Konsequenzen eines weiteren Verstoßes habe man ihm klar vor Augen geführt. Wenn ein Arbeitnehmer notwendige Anweisungen derart hartnäckig ignoriere, sei trotz langjähriger Betriebszugehörigkeit die Entlassung gerechtfertigt.

Früherer Leiharbeiter wird gekündigt

Die Zeit als Leiharbeiter wird nicht auf die Beschäftigungszeit angerechnet

Mit einer Leiharbeitsfirma hatte der arbeitslose Mann einen befristeten Arbeitsvertrag "zum Zweck der Förderung der beruflichen Integration bzw. Wiedereingliederung ins Berufsleben" geschlossen. Bald wurde er an ein Unternehmen ausgeliehen. Nachdem er mehrere Monate dort als Leiharbeiter tätig war, wurde er fest angestellt.

Doch aus gesundheitlichen Gründen kündigte der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nach fünfeinhalb Monaten wieder - bevor der Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer greifen konnte. Denn dafür besteht eine Wartezeit von sechs Monaten. Aus diesem Grund scheiterte die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10 Sa 486/08).

Die Zeit, die der Mann als Leiharbeiter im Unternehmen zugebracht habe, sei nicht auf die sechsmonatige Wartezeit anzurechnen, so die Richter. Kündigungsschutz bestehe erst, wenn ein Arbeitnehmer im gleichen Unternehmen sechs Monate lang beschäftigt war. Das treffe hier aber nicht zu. Bis zum Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Unternehmen sei der Leiharbeitnehmer bei der Leiharbeitsfirma beschäftigt gewesen, nicht beim ausleihenden Unternehmen.

Elternzeit kann verschoben werden

Arbeitgeber darf so einen Antrag nur ablehnen, wenn ihm dadurch Nachteile drohen

Die junge Mutter wollte ihre Elternzeit voll ausnutzen und so lange wie möglich zu Hause bei ihren Kindern bleiben. Bei der Geburt der Tochter hatte die Arbeitnehmerin drei Jahre Elternzeit genommen. Als zwei Jahre später ihr Sohn zur Welt kam, teilte die Frau ihrem Arbeitgeber mit, sie nehme nun für das zweite Kind drei Jahre Elternzeit. Das Jahr, das ihr für die erste Elternzeit noch zustand, wollte sie am Ende der zweiten Elternzeit "dranhängen".

Der Arbeitgeber lehnte das jedoch ab. Doch die Mutter setzte sich vor den Arbeitsgerichten gegen ihn durch, zuletzt beim Bundesarbeitsgericht (9 AZR 391/08). Sofern dem Antrag der Arbeitnehmerin keine dringlichen betrieblichen Gründe entgegenstehen, müsse ihn der Arbeitgeber akzeptieren.

Die Mutter habe das Recht, bei der Geburt eines weiteren Kindes die Elternzeit vorzeitig zu beenden und den restlichen Anteil - bis zu zwölf Monate - zu verschieben (vor dem achten Geburtstag des ersten Kindes müsse die Restzeit allerdings genommen werden). Das könne der Arbeitgeber nur verweigern, wenn die Übertragung der Elternzeit für den Betrieb erhebliche Nachteile brächte. Dazu habe der Arbeitgeber im konkreten Fall aber nichts vorgetragen.

Knochenjob für 3,25 Euro

Ob mit oder ohne Wohngelegenheit: Das ist "Lohnwucher"

Erst nach Jahren war der Frau klar geworden, wie sehr man sie in dem Gartenbaubetrieb ausnutzte. Seit 1992 arbeitete sie dort als ungelernte Hilfskraft: oft über 80 Stunden in der Woche, für einen Stundenlohn von sechs DM netto (später 3,25 Euro). Der Arbeitgeber hatte ihr zwar auf dem Betriebsgelände eine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt. Doch: Das gleicht so einen Hungerlohn nicht wirklich aus, so die späte Einsicht der Arbeitnehmerin.

Sie zog vor das Arbeitsgericht, um für die Zeit von Dezember 1999 bis Mai 2002 eine Nachzahlung von etwa 37.000 Euro durchzusetzen. Zunächst scheiterte ihre Klage: Das Arbeitsgericht hielt dem Arbeitgeber zugute, dass er der Frau eine Wohngelegenheit geboten hatte. Dabei war die Differenz ihres Lohns zum üblichen Tariflohn - 7,84 Euro die Stunde brutto - eklatant.

Erst das Bundesarbeitsgericht gab der Arbeiterin Recht: Auch wenn man die Sachleistung "Wohnen" einrechne, erreiche ihr Stundenlohn nicht einmal zwei Drittel des damals üblichen Tariflohns (5 AZR 436/08). Zwei Drittel - das sei die Grenze, von der an man von "Lohnwucher" sprechen müsse, d.h. von einem eklatanten Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.

Auch die ungesetzlich hohe Stundenzahl spreche dafür, dass der Gartenbaubetrieb die Frau schamlos ausgebeutet habe. Eine Nachzahlung sei also fällig. Um deren Höhe festzulegen, müsse nun die Vorinstanz prüfen, welcher Lohn in dieser Region und in dieser Branche üblich sei und ob sich die Verantwortlichen im Betrieb über das Missverhältnis von Lohn und Leistung im Klaren waren.

Maurer erhält Kurzarbeitergeld ...

... obwohl ihm bereits gekündigt wurde: Der Arbeitgeber muss es selbst zahlen

Im Winter 2007 stand es schlecht um den Baubetrieb. Deshalb kündigte der Chef im Januar einem Maurer zum 31. März. Im Februar und März wurde im Betrieb Kurzarbeit durchgeführt. Dem Maurer überwies der Betrieb kein Kurzarbeitergeld: Das würde er von der Arbeitsagentur nicht zurück bekommen, erklärte der Chef, weil ein gekündigter Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld habe.

Hat er schon, urteilte das Bundesarbeitsgericht, das über die Klage des Maurers zu entscheiden hatte (5 AZR 310/08). Allerdings müsse der Arbeitgeber in diesem Fall das Kurzarbeitergeld selbst zahlen.

Grundsätzlich gelte: Im Baugewerbe entfalle der Lohnanspruch, wenn aus Witterungsgründen nicht gearbeitet werden könne. Sofern der Lohnausfall nicht durch die Auflösung von Arbeitszeitguthaben ausgeglichen werden könne, müssten die Arbeitnehmer mit der nächsten Lohnabrechnung Kurzarbeitergeld erhalten. Dieser Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber bestehe auch, wenn die Arbeitsagentur - wie im konkreten Fall - das Kurzarbeitergeld gemäß ihren Vorschriften nicht erstatte.

Fleisch im Supermarkt falsch etikettiert

Supermarktkette darf dem Metzgermeister fristlos kündigen

Am nächsten Tag hätte das industrieverpackte Grillfleisch, das im Supermarkt auf Käufer wartete, das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten. Das wollte der Metzgermeister nicht abwarten. Er wurde aktiv und packte das Fleisch um in Verpackungen des Supermarkts. Darauf klebte der Metzger Etiketten, auf denen ein neues, um drei Tage verlängertes Mindesthaltbarkeitsdatum stand.

Als die Arbeitgeberin davon erfuhr, kündigte sie dem Arbeitnehmer fristlos. Zu Recht, entschied das Landesarbeitsgericht Nordrhein-Westfalen, und wies die Kündigungsschutzklage des Metzgers ab (5 Sa 1323/08). Hier handle es sich um eine Straftat: Die Kunden würden getäuscht, damit der Supermarkt nicht auf dem Fleisch "sitzen bleibe".

Und das nicht zum ersten Mal: Das Arbeitsverhältnis war aus dem gleichen Grund schon einmal aufgelöst und die Kündigung später wieder zurückgenommen worden. Seinerzeit hatte der Metzger versprochen, künftig die gesetzlichen und betrieblichen Vorschriften einzuhalten. Davon könne keine Rede sein, so die Richter, habe der Arbeitnehmer doch in der Verhandlung ausdrücklich erklärt, er habe fast jede Woche Fleischpackungen umetikettiert.

Daher müsse man davon ausgehen, dass ihm jedes Verantwortungsgefühl für die Gesundheit der Kunden fehle. Für die Arbeitgeberin bedeute das die Gefahr eines massiven Image-Schadens. Trotz der langen Betriebszugehörigkeit des Angestellten - immerhin 27 Jahre - sei deshalb die fristlose Kündigung wirksam.

Rauchverbot am Roulette-Tisch

Berliner Croupier hat Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz

Der Mann arbeitete in einem Berliner Kasino als Chef am Roulette-Tisch. Ihn nervte, dass im Spielsaal geraucht wurde. Vom Arbeitgeber verlangte er, ein Rauchverbot auszusprechen. Begründung: Das Berliner Nichtraucherschutzgesetz verbiete das Tabakrauchen in Gaststätten - und das Kasino betreibe im Spielsaal eine räumlich nicht abgetrennte Bar.

Beim Bundesarbeitsgericht (BAG) setzte sich der Croupier durch (9 AZR 241/08). Das Nichtraucherschutzgesetz schränke die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers ein, erklärte das BAG: Er müsse die Arbeitnehmer vor gesundheitlichen Schäden bewahren.

Zwar habe das Bundesverfassungsgericht das Rauchverbot für so genannte "Einraumgaststätten" als verfassungswidrig beanstandet. Da sei der Gesetzgeber aufgerufen, bis Ende des Jahres eine klare, neue Regelung zu finden. Bis dahin bleibe jedoch das Rauchen in allen Berliner Gaststätten untersagt, um die Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen.

Gewerkschaft verschlampt Unterlagen:

Kündigungsschutzklage wegen Verspätung abgelehnt

Als dem Arbeitnehmer die Kündigung ins Haus flatterte, rief er sofort im Gewerkschaftsbüro an. Als Gewerkschaftsmitglied, so wusste er, hatte er in diesem Fall Rechtsschutz. Die Fachleute der Gewerkschaft würden für ihn eine Kündigungsschutzklage auf den Weg bringen.

Er vereinbarte mit dem Geschäftsleiter des Büros einen Termin für den nächsten Tag. Doch als er dort erschien, war der Mann wegen anderer Aufgaben abwesend. So gab der Arbeitnehmer die Unterlagen für die Klage einer Sekretärin, um die Papiere an die DGB-Rechtsschutz-GmbH weiterzuleiten (die GmbH vertritt DGB-Mitglieder in Prozessen).

Zu seinem Pech gingen die Unterlagen "verschütt": In diesen Tagen herrschte nämlich wegen Bauarbeiten ein rechtes Durcheinander im Gewerkschaftsbüro. Erst zwei Monate später tauchten die Papiere wieder auf. Da war die Frist von drei Wochen für eine Kündigungsschutzklage längst abgelaufen. Ein DGB-Anwalt beantragte, die Klage nachträglich zuzulassen.

Das Bundesarbeitsgericht lehnte das ab: Der Arbeitnehmer sei für die Verspätung nicht verantwortlich, wohl aber seine Gewerkschaftsvertreter. Und deren Versäumnisse müsse er sich zurechnen lassen (2 AZR 548/08). Normalerweise habe ein Arbeitnehmer drei Wochen nach Eingang der Kündigung Zeit, sich dagegen zu wenden.

Nur wenn er trotz großer Sorgfalt außerstande sei, den Termin einzuhalten, könne die Klage trotz des Fristablaufs nachträglich zugelassen werden. Wenn der Arbeitnehmer das Versäumen der Frist selbst verschulde, komme das nicht in Frage. Dann sei die Kündigung wirksam. Das gelte ebenso, wenn der Prozessbevollmächtigte eines gekündigten Arbeitnehmers die Klagefrist versäume.

Betreuerin für Mädcheninternat gesucht

Ablehnung eines Bewerbers wegen seines Geschlechts ist in so einem Fall keine Diskriminierung

Ein Bundesland benötigte für das Mädcheninternat eines staatlichen Gymnasiums eine Betreuerin. In Anzeigen formulierte man klar, dass die Stelle mit einer Frau besetzt werden sollte: Eine Erzieherin/Sportlehrerin oder Sozialpädagogin wurde gesucht. Vergeblich bewarb sich ein Diplom-Sozialpädagoge. Das Gymnasium teilte ihm mit, die Schule könne leider keine männlichen Bewerber berücksichtigen, weil zur Arbeitsaufgabe auch Nachtdienste im Mädcheninternat gehörten.

Der abgewiesene Pädagoge verklagte das Land auf Entschädigung, weil man ihn in unzulässiger Weise wegen seines Geschlechts benachteiligt habe. Damit habe das Land gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen. Das Bundesarbeitsgericht konnte hier jedoch keine Diskriminierung erkennen (8 AZR 536/08). In so einem Fall sei es zulässig, nach Geschlecht zu entscheiden.

Wenn der Träger eines Gymnasiums jemanden suche, der auch nachts im Mädcheninternat arbeiten solle, dürfe er sich bei der Auswahl von Bewerbern auf Frauen beschränken. Das weibliche Geschlecht sei für diese Art von Arbeitsplatz geradezu eine entscheidende Anforderung. Welche Arbeiten an einem zu besetzenden Arbeitsplatz zu leisten sind, könne ein Arbeitgeber grundsätzlich frei festlegen.

Rüpelhafter Pressefotograf

Ohne vorherige Warnung = Abmahnung darf die Arbeitgeberin nicht kündigen

Pressefotografen brauchen ein gewisses Durchsetzungsvermögen. Dennoch sollten sie sich in der Öffentlichkeit so benehmen, dass der Ruf des Arbeitgebers keinen Schaden leidet. Ein bei einer Nachrichtenagentur angestellter Pressefotograf hatte nach Ansicht der Arbeitgeberin eine Grenze überschritten, als er Fotos von einem Zugunglück schoss.

An der Unglücksstelle hatte er sich vorgedrängelt und mit der Polizei angelegt. Den Beamten sagte der Mann, er sei Pressefotograf, zeigte aber keinen Presseausweis vor. Als sie ihn aufforderten, das Gelände zu verlassen, weigerte er sich und knipste weiter, bis ihm die Beamten einen Platzverweis erteilten. Die Polizei informierte die Arbeitgeberin über den Vorfall.

Daraufhin kündigte die Nachrichtenagentur dem Fotografen. Schließlich hatte sie ihn bereits zweimal wegen schlechten Benehmens in der Öffentlichkeit abgemahnt. Das Problem: Beide Abmahnungen musste die Agentur nach Urteilen des Arbeitsgerichts als "sachlich unberechtigt" aus der Personalakte entfernen. Auch die Kündigung ist unwirksam, entschied das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 283/08).

Der Fotograf habe zwar gegen seine Pflicht verstoßen, bei der Arbeit "angemessene Umgangsformen zu wahren". So hätte er auf jeden Fall den Presseausweis vorweisen müssen. Seine Arbeitgeberin habe es aber versäumt, ihm bei den früheren Streitfällen und Abmahnungen klare und eindeutige Verhaltensregeln vorzugeben.

Eine Kündigung wegen unkorrekten Verhaltens in der Öffentlichkeit komme jedoch nur in Frage, wenn die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer vorher durch eine (vergebliche) Abmahnung klar gemacht habe, welches Verhalten von ihm konkret erwartet werde und dass bei einem erneuten Fehltritt die Kündigung drohe.

Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ...

... umfasst auch Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit

Eine Frau arbeitete als Serviererin in einer "Seniorenresidenz". Für Arbeit an Sonn- und Feiertagen gab es Zuschläge (25 Euro für Sonntag, 59 Euro für Feiertage, 70,80 Euro für Weihnachtsfeiertage). Laut Dienstplan war die Serviererin im Dezember 2005 und im Frühjahr 2006 mehrfach an Sonn- und Feiertagen eingeteilt, fiel jedoch wegen einer Krankheit aus.

Die Arbeitgeberin zahlte das Gehalt weiter, behielt jedoch die Zuschläge - insgesamt 440 Euro - ein. Ihrer Ansicht nach gehörten sie nicht zum Arbeitsentgelt und waren daher bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht zu berücksichtigen. Das fand die Arbeitnehmerin ungerecht und klagte das Geld ein: Sie setzte sich in allen Instanzen bis hin zum Bundesarbeitsgericht durch (5 AZR 89/08).

Als Gegenleistung für besonders lästige bzw. belastende Arbeit zählten die Zuschläge sehr wohl zum regelmäßigen Arbeitsentgelt, urteilten die Bundesrichter. Sei ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig, erhalte er grundsätzlich das Arbeitsentgelt, das ihm gezahlt worden wäre, wenn er gearbeitet hätte.

Bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall dürften nur Überstundenzuschläge und -vergütungen für Arbeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit unberücksichtigt bleiben, ebenso Aufwendungsersatz (wie zum Beispiel Reisekostenerstattung).

Keine Schichtarbeit: Zuschläge nicht mehr steuerfrei

Stewardess im Mutterschutz fühlt sich als Frau diskriminiert

Als die Stewardess schwanger wurde, versetzte man sie zum Bodenpersonal. Schließlich war die anstrengende Schichtarbeit nach dem Mutterschutzgesetz verboten. Ihre Schichtzulage erhielt sie trotzdem weiter. Allerdings sollte diese nun nicht mehr steuerfrei sein, wie sie alsbald vom Finanzamt erfuhr.

Von der Steuer befreit seien nur Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit. Die Stewardess wehrte sich gegen die Forderung des Finanzamts: Da werde sie als Frau benachteiligt. Der Bundesfinanzhof vermochte dagegen in der Steuer keine Diskriminierung zu erkennen (VI B 69/08).

Dass Schichtzulagen nicht besteuert werden, sei eine Ausnahme. Das solle besondere Belastungen ausgleichen, also Arbeit zu besonders ungünstigen Zeiten und/oder unregelmäßige Arbeitszeiten. Deshalb werde die Steuerfreiheit nur gewährt, wenn solche Arbeit auch tatsächlich geleistet werde.

Mit dem Geschlecht habe das nichts zu tun: Von steuerfreien Zuschlägen profitierten nur Arbeitnehmer, die besondere Erschwernisse bei der Arbeit bewältigen könnten oder dürften. Wer dazu nicht in der Lage sei, profitiere auch nicht von der Steuerfreiheit. Davon seien keineswegs nur "frauenspezifische" Tätigkeiten betroffen.

Handwerksmeister als "Feigenblatt"

Er stellte einem Betrieb seinen Meistertitel zur Verfügung, um die Handwerksordnung zu umgehen

Der Stuckateurmeister war bereits in Rente, als ihn ein Stuckateurhandwerksbetrieb anheuerte. Der Geschäftsführer der GmbH hatte keinen Meisterbrief und suchte nach einer Möglichkeit, den Betrieb dennoch in die Handwerksrolle eintragen zu lassen. Meister und Geschäftsführer schlossen einen Arbeitsvertrag, nach dem der Meister als Betriebsleiter gegen 6.000 DM brutto 39 Stunden die Woche arbeiten sollte.

Der Vertrag diente allerdings nur dazu, der Handwerkskammer etwas vorzugaukeln - der Senior arbeitete nie wirklich im Betrieb mit. Drei Jahre lang erhielt er als Gegenleistung 1.000 DM, später nur noch sporadisch kleinere Beträge. Schließlich klagte er auf Zahlung rückständigen Lohns von über 20.000 Euro: Der Arbeitsvertrag sei wirksam, weil er dem Betrieb mit Rat und Tat zur Seite gestanden habe und gegenüber der Handwerkskammer als Betriebsleiter aufgetreten sei.

Genau deswegen sei der Arbeitsvertrag nichtig, urteilte dagegen das Bundesarbeitsgericht (5 AZR 355/08). Denn der Vertrag habe nur dazu gedient, die Vorschriften der Handwerksordnung zu umgehen. So etwas nenne man unter Juristen ein "nichtiges Scheingeschäft". Der Eintrag in die Handwerksrolle setze eine bestandene Meisterprüfung voraus, das sichere den hohen Leistungsstand der Handwerkerschaft.

Dieser Zweck werde unterlaufen, wenn ein als Betriebsleiter angestellter Meister tatsächlich nicht den Betrieb führe, sondern nur pro forma seinen Titel zur Verfügung stelle. Ein Betriebsleiter müsse dafür sorgen, dass die handwerklichen Arbeiten nach fachlichem Standard ausgeführt werden. Dazu müsse er den Betriebsablauf bestimmen und gegenüber den Beschäftigten weisungsbefugt sein. Das sei im konkreten Fall niemals beabsichtigt gewesen.

Arbeitsunfall in einer Tierklinik

Für einen Katzenbiss haftet die Berufsgenossenschaft, nicht der Chef

Die weitläufige Verwandtschaft zwischen Hauskatzen und wilden Raubkatzen war in diesem Fall nicht zu übersehen: Der Kater, der in einer Tierklinik untersucht und kastriert werden sollte, war kaum zu bändigen. Das widerspenstige Tier sprang vom Behandlungstisch und büxte aus. Eine Tierpflegerin sollte ihn wieder einfangen - bei der wilden Jagd wurde sie vom Kater in die linke Hand gebissen.

Eine Infektion stellte sich ein; der Mitarbeiterin musste an einem Finger eine Gelenkprothese eingesetzt werden. Unter den Folgen der Verletzung leidet die Frau immer noch. Die Berufsgenossenschaft kam als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für die Behandlungskosten auf. Vom Arbeitgeber forderte die Tierpflegerin zudem Schmerzensgeld.

Doch ihre Klage hatte beim Landesarbeitsgericht Hessen keinen Erfolg (13 Sa 2141/08). Bei Arbeitsunfällen springe grundsätzlich nur die Berufsgenossenschaft ein, erklärte das Gericht. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber Konfliktsituationen in Betrieben durch zivilrechtliche Streitigkeiten vermeiden wollen. Ansprüche auf Schmerzensgeld gegen den Arbeitgeber seien daher ausgeschlossen, es sei denn, dieser habe den Schaden vorsätzlich herbeigeführt. Davon könne hier aber keine Rede sein.

Als ihr Vorgesetzter von ihr verlangt habe, den renitenten Kater zu fangen, habe er vielleicht damit gerechnet, dass die Tierpflegerin gekratzt werden könnte - das gehöre zum Berufsrisiko. Das bedeute aber nicht, dass er es darauf angelegt (oder es billigend in Kauf genommen) hätte, dass die Mitarbeiterin einen so schwerwiegenden Schaden davontragen würde. Schmerzensgeld vom Arbeitgeber stehe der Frau daher nicht zu.

Urlaubstag verweigert

Arbeitnehmer droht mit Krankmachen: Fristlose Kündigung

Ein Feiertag fiel auf einen Donnerstag im Mai. Der Angestellte einer Immobilienfirma plante ein verlängertes Wochenende und beantragte bei seinem Chef Urlaub für den Brückentag Freitag. Doch der Arbeitgeber lehnte ab, weil Arbeiten anstünden, die "keinen weiteren Aufschub dulden". Na, dann werde er eben krank, kündigte der Arbeitnehmer an.

Prompt legte er noch am gleichen Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor und blieb bis Freitag weg. Anscheinend war der Angestellte zwar wirklich krank. Aber das interessierte den Arbeitgeber nun nicht mehr: Er kündigte dem Mann fristlos. Dessen Kündigungsschutzklage scheiterte zunächst, erst das Bundesarbeitsgericht machte ihm wieder Hoffnung (2 AZR 251/07).

Die obersten Arbeitsrichter stellten allerdings von vornherein klar: Eine fristlose Kündigung ist allemal gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer nach einem abgelehnten Urlaubsantrag dem Arbeitgeber eine "Krankheit" androht. Wer eine Krankheit als Druckmittel einsetze, missbrauche das Entgeltfortzahlungsgesetz.

Das gelte aber nicht zwingend, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Drohung tatsächlich krank sei. Dann wiege die Störung des Vertrauensverhältnisses im Betrieb weniger schwer, so dass nicht ohne Weiteres von einem wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung auszugehen sei. Die Vorinstanz müsse nun aufklären, ob der Angestellte wirklich bereits beim Gespräch mit dem Chef krank war.

Arbeitnehmer kündigt fristlos

Dann darf er später nicht behaupten, die Kündigung sei unwirksam

Der angestellte Betriebsleiter war gerade mal eineinhalb Jahre in der Firma beschäftigt, als der Chef Insolvenz anmeldete. Der Angestellte machte kurzen Prozess und kündigte seinen Arbeitsvertrag fristlos. Für so eine außerordentliche Kündigung muss ein "wichtiger Grund" vorliegen. Der Arbeitnehmer gab an, der Arbeitgeber sei mit der Gehaltszahlung in Verzug.

Einige Monate später ging der Betrieb an einen neuen Eigentümer über. Von diesem forderte nun der Angestellte das ausstehende Gehalt: Seine Kündigung sei unwirksam gewesen, fiel ihm nun ein, da kein wichtiger Grund vorlag.

So geht es nicht, erklärte das Bundesarbeitsgericht. Im Interesse der Rechtssicherheit könne sich immer nur der Empfänger einer Kündigung auf deren Unwirksamkeit berufen, aber nicht derjenige, der gekündigt habe (2 AZR 894/07). Das gelte für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen.

Die Vertragspartner müssten wissen, woran sie sind. Kündige ein Arbeitnehmer ohne Zwang fristlos den Arbeitsvertrag, so spreche dies für die ernsthafte und endgültige Absicht, sich vom Betrieb zu lösen. Wenn er dies im Nachhinein rückgängig machen wolle, verhalte er sich widersprüchlich und verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Ausländerfeindliche Parolen im Betrieb

Türkischstämmige Mitarbeiter verlangen Entschädigung: Frist abgelaufen

Im Lager eines Unternehmens arbeiteten vier türkischstämmige Mitarbeiter. Unbekannte beschmierten die Herrentoilette mit einem Hakenkreuz und ausländerfeindlichen Parolen: "Scheiß Ausländer, ihr Hurensöhne, Ausländer raus, ihr Kanaken ...".

Die Arbeitnehmer türkischer Herkunft berichteten später, sie hätten sich beim Leiter der Niederlassung im September 2006 über die Schmierereien beschwert. Der habe jedoch nichts unternommen, sondern nur gesagt, dass "die Leute eben so denken". Diese Unterhaltung bestritt der Leiter.

Fest steht, dass der Arbeitgeber im Rahmen eines Rechtsstreits im März 2007 von den Parolen erfuhr und sie sofort beseitigen ließ. Im April forderten die vier türkischstämmigen Mitarbeiter - gestützt auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - vom Unternehmen eine Entschädigung von je 10.000 Euro. Damit scheiterten sie beim Bundesarbeitsgericht (8 AZR 705/08).

Im Prinzip handle es sich hier durchaus um "Belästigung" im Sinne des AGG, räumten die Bundesrichter ein. Durch derartige Parolen entstehe für die Betroffenen im Betrieb ein feindliches Umfeld von Einschüchterung und Beleidigungen - allein wegen ihrer ethnischen Herkunft. Doch hätten die Betroffenen ihren Anspruch auf Entschädigung zu spät angemeldet.

Das gelte selbst dann, wenn man ihrem Bericht Glauben schenke, dass sie den Niederlassungsleiter bereits im September 2006 über die Parolen informierten: Dann hätte die Frist von zwei Monaten - die laut AGG einzuhalten ist, um einen Anspruch geltend machen zu können - im September 2006 zu laufen begonnen. Im April 2007 sei die Frist längst abgelaufen gewesen.

Brotaufstrich nicht bezahlt ...

Fristlose Kündigung eines Bäckereimitarbeiters ist unwirksam

Die Serie von fristlosen Kündigungen wegen Bagatelldiebstählen - Maultaschen, Frikadellen & Co. - nimmt kein Ende: Ein Bäckereiunternehmen entließ einen Mitarbeiter, weil er ein Brötchen mit einem unbezahlten Brotaufstrich verzehrte. Der Aufstrich kostete noch nicht einmal zehn Cent. Als Betriebsratsmitglied konnte man dem Mann nicht "ordentlich" - also unter Einhaltung der Kündigungsfrist - kündigen.

Doch der Arbeitgeber war der Ansicht, ein so gravierendes Fehlverhalten rechtfertige eine fristlose Kündigung. Grundsätzlich treffe das bei einem Diebstahl zu, auch wenn es um geringwertige Sachen des Arbeitgebers gehe, so das Landesarbeitsgericht Nordrhein-Westfalen (13 Sa 640/09). Die Abwägung der Interessen beider Seiten gehe im konkreten Fall aber zu Gunsten des Mitarbeiters aus.

Für den Arbeitgeber sei es zumutbar, das Arbeitsverhältnis zumindest fortzusetzen, bis die ordentliche Kündigungsfrist abgelaufen sei. Während langer Betriebszugehörigkeit habe sich der Mitarbeiter nie etwas zuschulden kommen lassen. Und anders, als der Arbeitgeber bei der Kündigung noch glaubte, habe der Mitarbeiter das Brötchen bezahlt. Er habe selbst auf den Brotaufstrich aufmerksam gemacht und den Vorfall nicht geleugnet. Daher sei das Vertrauensverhältnis nicht zerstört.

Mitarbeiterin in Elternzeit - Firma geht pleite

Wird ein Betrieb endgültig stillgelegt, ist eine Kündigung während der Elternzeit zulässig

Während der Elternzeit darf der Arbeitgeber keinem Arbeitnehmer kündigen. Oder wenigstens nur "in besonderen Fällen", wenn die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde die Kündigung für zulässig erklärt. So steht es im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Im konkreten Fall hatte eine Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber im Dezember 2006 mitgeteilt, dass sie bald ein Kind erwarte und nach der Mutterschutzzeit drei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen werde. Kurz darauf stellte allerdings die Firma den Geschäftsbetrieb ein, im Januar 2007 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Bald darauf meldete sich der Insolvenzverwalter beim Freistaat Bayern und beantragte, das Arbeitsverhältnis der jungen Mutter kündigen zu dürfen.

Erst am Ende der Elternzeit, entschied die zuständige Behörde. Doch das Bundesverwaltungsgericht verpflichtete sie - auf die Klage des Insolvenzverwalters hin -, die Kündigung sofort und uneingeschränkt zuzulassen (5 C 32.08). Werde ein Betrieb dauerhaft stillgelegt, liege ein "besonderer Fall" im Sinne des BEEG vor. Dann dürfe und müsse die Arbeitsschutzbehörde der Kündigung einer Arbeitnehmerin in Elternzeit zustimmen.

Regelmäßiges Ableisten von Überstunden ...

... stellt für sich genommen keine Änderung eines Arbeitsvertrags dar

Seit 1976 arbeitet der Mann als Lagerverwalter bei seiner Firma. Die Arbeitgeberin übertrug ihm 1988 das Öffnen und Schließen der Tore. Die zusätzlich anfallende Arbeitszeit - etwa 30 Minuten täglich - sollte als Überstunden abgerechnet werden. So wurde es dann 18 Jahre lang praktiziert. 2006 entzog die Firma dem Arbeitnehmer den Schließdienst und zahlte keine Überstundenvergütung mehr.

Dagegen klagte der Lagerverwalter und pochte auf Gewohnheitsrecht. Die Arbeitgeberin dürfe ihm nach so langer Zeit die Zusatzaufgabe nicht wegnehmen. Das seien längst keine Überstunden mehr, hier handle es sich vielmehr um eine dauerhafte Verlängerung der Wochenarbeitszeit.

Dem widersprach das Bundesarbeitsgericht (5 AZR 133/08). Allein dadurch, dass der Arbeitnehmer den Schließdienst durchgeführt habe, ändere sich nicht der Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrags. Es bleibe bei der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit - die könne nur durch ausdrückliche Erklärung beider Seiten erhöht werden.

Die Arbeitgeberin habe dem Lagerverwalter die Aufgabe nie als unbefristete Tätigkeit übertragen, sondern eben als zusätzliche, vorübergehende Aufgabe. Das zeige auch die Abrechnung als Überstunden. Deshalb könne die Arbeitgeberin dies auch widerrufen und den Schließdienst neu organisieren.