Arbeitsrecht

Weihnachtsgeld nur für opferbereite Mitarbeiter?

Bei Sonderzahlungen ist der Grundsatz der Gleichbehandlung zu befolgen

Um zur Sanierung des ins Schleudern geratenen Automobilzulieferers beizutragen, hatten im Jahr 2001 ca. 400 Arbeitnehmer niedrigerem Grundlohn und längeren Arbeitszeiten zugestimmt. 50 Mitarbeiter lehnten die Änderung ihres Arbeitsvertrags ab. Für das Jahr 2003 (und unter Vorbehalt für die Folgejahre) bot der Arbeitgeber den opferbereiten 400 Arbeitnehmern die Zahlung von Weihnachtsgeld an.

Die Gruppe der 50 "Ungetreuen" wollte er von dieser Sonderzahlung ausnehmen. Drei von ihnen klagten das Weihnachtsgeld ein und setzten sich beim Bundesarbeitsgericht durch (10 AZR 568, 569 und 570/06). Dass der Arbeitgeber mit einer Sonderzahlung die Einbußen der Arbeitnehmer ausgleichen wolle, die einen Beitrag zur Sanierung geleistet hätten, sei zwar prinzipiell zulässig, erklärten die Bundesrichter. Doch nur, wenn der Betrieb dies als sachliches Kriterium für die Sonderzahlung klarstelle: Werde gezielt ein Ausgleich für frühere Opfer geleistet, könne der Arbeitgeber die Mitarbeiter unterschiedlich behandeln, je nachdem, ob sie solche Opfer brachten oder nicht.

Der Begriff "Weihnachtsgeld" werde von den Arbeitnehmern dagegen mit anderen Zwecken verbunden. In der Regel wolle ein Betrieb damit vergangene Leistungen belohnen und künftige Betriebstreue fördern. Wer davon ausgeschlossen werde, fühle sich gemaßregelt und ungerecht behandelt. Weihnachtsgeld müsse der Automobilzulieferer allen Arbeitnehmern zahlen.

Sozialplan darf differenzieren

Arbeitnehmer, der vorzeitig in Rente gehen kann, erhält weniger Abfindung

Wird ein Betrieb stillgelegt oder werden Arbeitsplätze wegrationalisiert, sieht das Betriebsverfassungsgesetz vor, dass der Betriebsrat mit dem Unternehmen einen Sozialplan aushandelt, um die Nachteile für die Arbeitnehmer abzufedern. Arbeitnehmer, die durch eine betriebsbedingte Kündigung den Arbeitsplatz verlieren, erhalten eine Abfindung.

So war es auch im konkreten Fall. Allerdings sah der Sozialplan eines Unternehmens, das viele Arbeitsplätze auf einmal "strich", für Arbeitnehmer, die unmittelbar nach ihrem Ausscheiden in Rente gehen konnten, nur eine sehr bescheidene Abfindung vor. Ein 1945 geborener Baumaschinenführer erhielt infolgedessen nach der Kündigung statt 46.000 Euro (wie seine jüngeren Kollegen) nur 5.600 Euro. Das sei Diskriminierung des Alters, meinte er, und klagte eine höhere Abfindung ein.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz lasse durchaus Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern zu, erklärte das Landesarbeitsgericht Köln, sofern sie sachlich begründet und angemessen sei (14 Sa 201/07). Und das treffe hier zu. Die Höhe einer Abfindung richte sich immer nach dem Nachteil, den der Arbeitnehmer ausgleichen müsse.

Arbeitnehmer, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben, müssten nach einer betriebsbedingten Kündigung eine möglicherweise lange Phase der Arbeitslosigkeit überbrücken. Ihr Bedarf an finanziellem Ausgleich sei daher naturgemäß größer als der von Arbeitnehmern, die sofort in den (vorzeitigen) Ruhestand gehen könnten und nur eine monatliche Rentenkürzung zu kompensieren hätten. Daher habe der Baumaschinenführer keinen Anspruch auf eine höhere Abfindung.

Allerdings sei die jetzige Regelung sehr pauschal und damit tendenziell ungerecht. Wer sich auch nur kurz arbeitslos melden müsse, erhalte eine hohe Abfindung. Anders gesagt: Wäre der Baumaschinenführer nur zwei Monate jünger, hätte er wesentlich mehr Geld erhalten. Hier müsste jedoch der Gesetzgeber nachbessern, das sei nicht Sache der Gerichte. (Der Arbeitnehmer legte gegen das Urteil Revision zum Bundesarbeitsgericht ein.)

Chefarzt mobbt Oberarzt

Schmerzensgeld von der Klinik wegen psychischer Erkrankung

Seit 1987 war der Neurochirurg in der Klinik beschäftigt, seit 1990 als Oberarzt der Neurochirurgischen Abteilung. Deren kommissarische Leitung übernahm der Mediziner 2001, als der Chefarzt in Pension ging. Vergeblich bewarb er sich um dessen Stelle. Der Klinikträger zog einen externen Bewerber vor. Von Anfang an gab es zwischen den beiden Ärzten Reibereien. Ein Versuch der Klinik, den Konflikt zu lösen, fruchtete nichts.

Der Oberarzt fühlte sich vom "Chef" gemobbt und blieb schließlich wegen einer psychischen Erkrankung monatelang dem Dienst fern. Vom Arbeitgeber forderte er, ihm einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, an dem er der Konfrontation mit dem Chefarzt aus dem Weg gehen könne. Eine gleichwertige Tätigkeit sei im Haus nicht vorhanden, wiegelte die Klinikleitung ab.

Dann klagte der Oberarzt auf Schmerzensgeld: Ständig habe der Chefarzt seine fachliche Qualifikation in Frage gestellt und ihn als Person herabgewürdigt, bis er schließlich krank geworden sei. Dafür stehe ihm eine Entschädigung zu, entschied das Bundesarbeitsgericht (8 AZR 593/06). Nach der Beweisaufnahme stand für die Bundesrichter fest, dass der Chefarzt im zwischenmenschlichen Umgang "mobbingtypische Verhaltensweisen" an den Tag gelegt hatte.

Damit habe er die psychische Erkrankung des Oberarztes schuldhaft herbeigeführt. Anspruch auf Schmerzensgeld bestehe auch gegenüber dem Klinikträger, der den Oberarzt nicht beschützt habe und für das Fehlverhalten des Chefarztes geradestehen müsse. Wenn es in der Klinik keinen adäquaten, anderen Arbeitsplatz gebe, könne das Mobbing-Opfer allerdings nicht verlangen, im Haus versetzt zu werden. Die Klinik müsse den Chefarzt auch nicht entlassen.

Steuerberater klagt gegen Kündigung ...

... macht sich selbständig und kündigt dann selbst

Als dem angestellten Steuerberater gekündigt worden war, reichte er sogleich Kündigungsschutzklage ein. Noch während des Prozesses fing er an, selbständig zu arbeiten. Als der Prozess gewonnen war, kündigte der Mann das Arbeitsverhältnis umgehend, denn die Selbständigkeit hatte sich recht gut entwickelt.

Das gehe in Ordnung, meinte der Mann. Denn Arbeitnehmer, die während eines Kündigungsschutzprozesses einen neuen Job fänden, dürften deshalb kündigen. Das sei zwar richtig, so das Bundesarbeitsgericht, gelte aber nicht, wenn ein Arbeitnehmer eine selbständige Tätigkeit beginne (6 AZR 662/06).

Nach einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage stehe dem Arbeitnehmer innerhalb einer Woche ein Sonderkündigungsrecht in Bezug auf das alte Arbeitsverhältnis zu, wenn er während des Gerichtsverfahrens eine neue Stelle angetreten habe. Habe sich der Arbeitnehmer in dieser Zeit jedoch selbständig gemacht, müsse er eine ordentliche Kündigung einreichen und sich an die vereinbarte Kündigungsfrist halten.

Bis zu deren Ende sei der ehemalige Angestellte auch an das im Arbeitsvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot gebunden (d.h. der Arbeitnehmer darf keine Tätigkeit ausüben, mit der er in Konkurrenz zum Arbeitgeber tritt). Dass sein Ex-Arbeitgeber auf das Wettbewerbsverbot verzichtet habe, ändere daran nichts. Der Verzicht sei wirkungslos: Der ehemalige Angestellte schulde dem Ex-Arbeitgeber die vereinbarte Vertragsstrafe, weil er sich als Konkurrent betätigt habe.

Privilegierte Auslandsmitarbeiter ...

... erhalten keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

Der Bauleiter arbeitete 25 Jahre lang für ein internationales Bauunternehmen, und zwar ausschließlich auf Auslandsbaustellen. Während die in Deutschland tätigen Mitarbeiter Gehalt gemäß deutschen Bautarifverträgen bezogen, wurde das Einkommen des Bauleiters bei jedem Projekt individuell ausgehandelt und in befristeten "Auslandsdienstverträgen" vereinbart. Und er verdiente nicht schlecht: ein erhöhtes Grundgehalt von 5.500 Euro, 1.000 Euro Auslandszulage, freie Unterkunft, zusätzliche Unfallversicherung. Zudem übernahm der Arbeitgeber vor Ort alle lokalen Steuern und Sozialabgaben.

Doch als der Auslandsmitarbeiter in den Ruhestand ging, entdeckte er plötzlich, dass er im Vergleich mit den Inlandsmitarbeitern benachteiligt war. So sah er es jedenfalls: Denn er erhielt keine Leistungen von der betrieblichen Altersversorgung. Die stand - gemäß einer mit dem Gesamtbetriebsrat ausgehandelten "Allgemeinen Betriebsvereinbarung und Versorgungsordnung" - nur den Inlandsmitarbeitern zu. Nun pochte der Bauleiter auf Gleichbehandlung, kam damit aber beim Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht durch (3 AZR 269/06).

Die Betriebsvereinbarung gelte nur für Mitarbeiter im Inland, so das BAG, auch der Betriebsrat sei für Auslandsmitarbeiter nicht zuständig. Die Vergütungssysteme im In- und Ausland seien eben unterschiedlich: Deutsche Tarifvorschriften anzuwenden, sei gemäß den Dienstverträgen des Bauleiters ausgeschlossen gewesen.

Und davon habe der Bauleiter ja durchaus profitiert. Deshalb verstoße es auch nicht gegen das Prinzip der Gleichbehandlung, wenn ihm der Arbeitgeber Versorgungsleistungen vorenthalte. Auslandsmitarbeitern, die wesentlich besser verdienten als die tariflich entlohnten Beschäftigten im Inland, sei es ohne weiteres zuzumuten, selbst für das Alter vorzusorgen.

Arbeitslosengeld und Sperrzeit

Vergleich im Kündigungsschutzprozess löst keine Sperrzeit aus

Ein Mitarbeiter war schon so lange im Unternehmen beschäftigt, dass er (ordentlich) unkündbar war. Der Arbeitgeber kündigte ihm außerordentlich. Dagegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage. Vor dem Arbeitsgericht ließ sich der Arbeitnehmer auf einen Vergleich ein: Der Arbeitgeber zahlte ihm eine Abfindung und die Kündigung wurde wirksam.

Für dieses unfreiwillige Ende des Arbeitsverhältnisses musste der Mann dann noch einmal büßen: Die Arbeitsagentur bewilligte ihm zwar Arbeitslosengeld, verhängte aber eine Sperrzeit, weil er seinen "Arbeitsplatz aufgegeben" habe. Der Arbeitslose klagte gegen diese Entscheidung und setzte sich beim Bundessozialgericht durch (B 11a AL 51/06 R).

Grundsätzlich löse ein arbeitsgerichtlicher Vergleich keine Sperrzeit aus, urteilten die Bundesrichter. Wenn sich ein Arbeitnehmer gegen die Kündigung wehre, aber anschließend vor Gericht einen Vergleich akzeptiere, dürfe das beim Arbeitslosengeld nicht zu seinen Lasten gehen. Das gelte zumindest dann, wenn mit dem Vergleich nicht das Ende des Arbeitsverhältnisses vorverlegt werde. (Anders läge der Fall, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Vorgehen abgesprochen hätten, um eine Sperrzeit zu umgehen. Dafür gebe es hier jedoch keinen Anhaltspunkt.)

P.S.: Auf das Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts zur Sperrzeit bei Aufhebungsverträgen (AZ.: B 11a AL 47/05 - vgl. gri-Artikel Nr. 48 657) hat die Bundesagentur für Arbeit bereits reagiert und ihre Kriterien geändert. Demnach wird keine Sperrzeit mehr verhängt - selbst wenn der Arbeitnehmer per Aufhebungsvertrag in das Ende des Arbeitsverhältnisses einwilligt -, wenn der Arbeitgeber ohne den Aufhebungsvertrag zum gleichen Zeitpunkt aus betrieblichen Gründen gekündigt hätte.

Aus "Ein-Euro-Job" wird kein Arbeitsverhältnis ...

... auch dann nicht, wenn der Job den gesetzlichen Vorschriften widerspricht

Eine Hartz-IV-Empfängerin vereinbarte mit der ARGE (Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung), einen "Ein-Euro-Job" als Putzfrau bei der Stadt zu übernehmen. Dafür erhielt die Frau zusätzlich zum Arbeitslosengeld II 1,25 Euro pro Arbeitsstunde.

Schon bald machte die Hilfeempfängerin ihrem Ärger Luft: Die Kommune halte sich nicht an die gesetzlichen Grenzen von Ein-Euro-Jobs. Was sie zu tun habe, stelle keine "zusätzliche Aufgabe im öffentlichen Interesse" dar. Man setze sie vielmehr als reguläre Arbeitskraft ein, um auf ihre Kosten Arbeitslohn einzusparen. Die Frau forderte deshalb die übliche Vergütung.

Ihre Klage scheiterte beim Bundesarbeitsgericht (5 AZR 857/06). Auf den üblichen Stundenlohn habe die Hilfeempfängerin keinen Anspruch, erklärten die Bundesrichter, denn ein Ein-Euro-Job sei kein normales Arbeitsverhältnis. Das gelte selbst dann, wenn der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber nicht korrekt vorgehe und Vorschriften umgehe oder ignoriere.

Diese Vorschriften sollten nicht Ein-Euro-Jobber schützen, sondern privatwirtschaftliche Unternehmen. Setze die Stadt Ein-Euro-Jobber ein, um "normales Personal" zu ersetzen, boote sie auf diese Weise Reinigungsbetriebe aus. Das führe zu einem Verdrängungswettbewerb, der keinesfalls erwünscht sei. Diese ungute Praxis begründe aber keinen individuellen Anspruch des Ein-Euro-Jobbers auf Übernahme in ein reguläres Arbeitsverhältnis.

Streit um Zigarettenpausen

Über bezahlte Rauchpausen entscheidet allein der Arbeitgeber

In einem größeren Unternehmen stritten Arbeitgeber und Betriebsrat über den betrieblichen Nichtraucherschutz. Schließlich legte die Einigungsstelle in den Betriebsräumen ein generelles Rauchverbot fest und erlaubte das Rauchen auf extra ausgewiesenen Plätzen im Freien. Damit war das Unternehmen einverstanden.

Gegen einen Punkt des Schiedsspruchs protestierte der Arbeitgeber jedoch vehement: Arbeitnehmer müssten für Zigarettenpausen im Außenbereich am Zeiterfassungsterminal nicht ausstempeln, hatte die Einigungsstelle beschlossen. Das gehe zu weit, fand der Arbeitgeber. Man könne ihn nicht zwingen, während der Arbeitszeit für Freizeitaktivitäten Arbeitslohn zu zahlen, zumal die Einigungsstelle nicht einmal eine obere Grenze für die Zigarettenpausen festgelegt habe.

Beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein setzte sich das Unternehmen durch (4 TaBV 12/07). Der Spruch der Einigungsstelle sei zumindest in diesem Punkt unwirksam, so die Richter. Die Kompetenz der Einigungsstelle beim Nichtraucherschutz reiche nur so weit wie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Und der dürfe nur mitreden, wenn es darum gehe, ob überhaupt Rauchpausen stattfänden und bei den Zeiten.

Darüber, ob er seine Arbeitnehmer während der Zigarettenpausen bezahle oder nicht, entscheide ausschließlich der Arbeitgeber. Im übrigen würden Nichtraucher vom Unternehmen benachteiligt, wäre es den Rauchern gestattet, bezahlte Zigarettenpausen während der Arbeitszeit einzulegen.

In der Mittagspause gegangen ...

Das fasste der Arbeitgeber als Kündigung des Mitarbeiters auf

In der Mittagspause hatte der Arbeitnehmer (ohne jeden Kommentar) seinen Arbeitsplatz verlassen und war auch am nächsten Tag nicht erschienen. Der Arbeitgeber griff in seinem Ärger zu einem radikalen Mittel. Er schrieb dem Mitarbeiter, er nehme die fristlose Kündigung an und bestätige sie hiermit ausdrücklich.

So sei das nicht gemeint gewesen, antwortete der Arbeitnehmer, und zog gegen die Kündigung vor Gericht. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht (9 Sa 411/07).

Der Arbeitgeber habe da etwas bestätigt, was gar nicht existierte: Denn der Gesetzgeber habe zwingend vorgeschrieben, dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses schriftlich erfolgen müsse (gleichgültig, ob sie vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgehe). Solange nichts Schriftliches vorliege, handle es sich auch nicht um eine Kündigung.

Selbst wenn der Mitarbeiter ausdrücklich gesagt hätte, dass er kündigen wolle, wäre dies unwirksam. Sein Fehlverhalten so aufzufassen, sei erst recht abwegig: Wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz eigenmächtig verlasse, kündige er damit nicht das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber hätte ihm eine Abmahnung schicken sollen.

Arbeitsvertrag endet pünktlich zu den Ferien

Bundesarbeitsgericht: Keine Benachteiligung der Aushilfslehrer

Die Lehrerin war nicht erbaut davon, dass sie sich pünktlich zu Beginn der Sommerferien arbeitslos melden musste. Ihr Vertrag an der hessischen Schule war genau auf ein Schuljahr befristet. Während unbefristet beschäftigte Lehrer auch während der Sommerferien ihr monatliches Gehalt bezogen, lebte die Frau in dieser Zeit von Arbeitslosengeld.

Das fand die Lehrerin ungerecht: Man müsse sie während der unterrichtsfreien Zeit bezahlen, forderte sie. Sie habe wie alle anderen Lehrer während der Unterrichtszeit mehr gearbeitet, als im Vertrag stand.

Das Bundesarbeitsgericht konnte jedoch keine Benachteiligung der befristet angestellten Lehrer erkennen (5 AZR 260/07). Auch unbefristet Angestellte bekämen keine Vergütung mehr für die Ferien, wenn sie aus dem Schuldienst ausschieden. Und für die Lehrer, deren Arbeitsverhältnis über das Ende des Schuljahres hinausgehe, gelte in der unterrichtsfreien Zeit (wenn auch eingeschränkte) Arbeitspflicht.

Mahnt der Arbeitgeber einen Mitarbeiter ab ...

... verzichtet er damit auf eine Kündigung wegen des gleichen Fehlers

Der Mann hatte einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma. Der Vertrag war auf neun Monate begrenzt, sechs Monate davon sollten Probezeit sein. Wenige Tage vor dem Ende der Probezeit erhielt der Mann eine Abmahnung. Noch am gleichen Tag drückte ihm eine Angestellte die schriftliche Kündigung in die Hand.

Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer: Die Kündigung sei unwirksam, weil der Arbeitgeber mit der Abmahnung praktisch sein Recht auf Kündigung "verbraucht" habe. So sah es auch das Bundesarbeitsgericht (6 AZR 145/07).

Mahne der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen einer Pflichtverletzung ab, verzichte er damit darauf, dem Mitarbeiter aus dem gleichen Grund zu kündigen, urteilten die Bundesrichter. Das gelte auch während der Probezeit. Wenn der Arbeitgeber so kurz nach einer Abmahnung kündige wie im konkreten Fall, liege der Verdacht nahe, dass beide Schritte aus dem gleichen Grund erfolgten. Dann wäre die Kündigung in der Tat unwirksam.

Ob das zutreffe, müsse die Vorinstanz klären. Dabei sei es Sache des Arbeitgebers darzulegen, was für andere Gründe (d.h., welche anderen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers) ihn dazu bewogen, den Mitarbeiter zu entlassen.

Beleidigungen im betrieblichen Intranet

Arbeitgeber darf dem Urheber vorübergehend den Zugang zum Intranet sperren

Kurz vor den Betriebsratswahlen griff ein Arbeitnehmer beherzt in den Wahlkampf ein. Der schien für ihn darin zu bestehen, einige der Kandidaten schlecht zu machen. Im betrieblichen Intranet bedachte er sie mit Komplimenten wie "Rattenfänger" oder "Zwerg". Einem "Verräter" unterstellte der Arbeitnehmer, er habe Unterlagen unterschlagen.

Wegen dieser Beleidigungen sperrte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter für sechs Monate den Zugang zum Intranet: Solche Angriffe widersprächen dem betriebsinternen Verhaltenskodex für das Intranet, der "Netiquette". Gegen die Sperre zog der Arbeitnehmer vor Gericht und pochte auf die Meinungsfreiheit. Damit hatte er beim Landesarbeitsgericht Frankfurt keinen Erfolg (17 Sa 1331/07).

Der Mitarbeiter sei nicht auf das Intranet angewiesen, wenn er seine Meinung äußern wolle, so das Gericht. Im übrigen schütze das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung weder Lügen, noch Schmähungen anderer Personen. Die Sperre sei für einen befristeten Zeitraum rechtens. Denn sie sei nötig, um die Kollegen in Zukunft vor Beleidigungen und Angriffen in der Betriebsöffentlichkeit zu schützen.

Kranfahrer verweigert Nachteinsatz nach der Arbeit

Das ist keine Arbeitsverweigerung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt

Bis Mittag arbeitete der Kranfahrer auf einer Baustelle seines Arbeitgebers. Dann gab es vorübergehend für ihn nichts mehr zu tun. Der Chef schickte ihn nach Hause und bat ihn, per Mobiltelefon in Rufbereitschaft zu bleiben, um bei Bedarf zurückzukommen. Am späten Nachmittag erst bemerkte der Mitarbeiter, dass sein Arbeitgeber drei Stunden zuvor versucht hatte, ihn anzurufen. Er rief sofort zurück, doch da war es für einen weiteren Einsatz schon zu spät. Am nächsten Tag sollte der Kranfahrer nach der üblichen Arbeitszeit von 8,5 Stunden auf einer anderen Baustelle weitermachen. Das lehnte der Mitarbeiter ab.

Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, weil der Fahrer ständig grundlos die Arbeit verweigere. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Ein Anruf des Chefs habe ihn - wegen eines allen Beteiligten bekannten Funklochs - nicht rechtzeitig erreicht, so der Fahrer. Am nächsten Tag hätte er die gesetzlich zulässige Arbeitszeit von zehn Stunden täglich weit überschreiten müssen, wenn er den Zusatzauftrag übernommen hätte. Das rechtfertige doch keine Kündigung.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz gab ihm Recht (6 Sa 53/07). Sollte der Arbeitnehmer trotz der Rufbereitschaft wirklich sein Handy ausgeschaltet haben, hätte ihn der Arbeitgeber für dieses Fehlverhalten abmahnen müssen. Das sei kein Grund für eine fristlose Kündigung. Dass der Mann nicht bereit gewesen sei, über die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit hinaus zu arbeiten, sei erst recht nicht mit Arbeitsverweigerung gleichzusetzen. Eine Kündigung aus diesem Grund sei unzulässig, zumal in diesem speziellen Fall. Denn der Mitarbeiter führe schwere Kranfahrzeuge. Da seien Pausen ganz genau einzuhalten, um die Sicherheit auf der Baustelle zu gewährleisten und Unfälle zu vermeiden.

Im Pumpensumpf gebadet ...

Bergarbeiter flog wegen Verstößen gegen Arbeitsschutzbestimmungen hinaus

Ein 59-jähriger Bergmann erhielt den blauen Brief, weil er "regelmäßig und bewusst" gegen Sicherheitsvorschriften verstieß. So hatte er beispielsweise in einem so genannten Pumpensumpf gebadet, obwohl das in der mit Schlamm aufgefüllten Grube lebensgefährlich ist. Darin zu baden ist verboten, weil man sehr schnell ertrinkt. Ein anderes Mal ließ der Arbeitnehmer einen Bagger längere Zeit mit laufendem Motor unbeobachtet stehen etc. etc.

Trotz mehrerer Abmahnungen des Unternehmens konnte sich der Mitarbeiter nicht dazu durchringen, die Arbeitsschutzbestimmungen zu beachten. Schließlich kündigte ihm der Arbeitgeber. Die Kündigungsschutzklage des Bergmanns scheiterte beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (11 Sa 207/07).

Die Vorschriften zu Sicherheit, Unfallverhütung und Arbeitssicherheit einzuhalten, gehöre zu den Pflichten der Arbeitnehmer, stellten die Richter fest. Wer diese ständig ignoriere, handle dem Arbeitsvertrag zuwider. Das rechtfertige eine Kündigung, auch wenn der Mann schon seit 1975 für den Betrieb arbeitete.

Zwischenzeugnis ist verbindlich

Endzeugnis darf trotz Betriebsübergabe davon nicht wesentlich abweichen

Als der Betrieb verkauft wurde, wollte sich der Arbeitnehmer vorher absichern. Er ließ sich vom scheidenden Chef ein Zwischenzeugnis ausstellen. Ein paar Monate später erhielt er von seinem neuen Chef ein Endzeugnis, das deutlich negativer ausfiel. So nicht, erklärte der Arbeitnehmer: Die Firmenleitung müsse bei der Bewertung seiner Leistungen auch die Zeit vor der Betriebsübernahme berücksichtigen. Dann gäbe es keine so krasse Abweichung.

Beim Bundesarbeitsgericht setzte sich der Arbeitnehmer durch (9 AZR 248/07). Arbeitgeber müssten Endzeugnisse für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses ausstellen, so die Bundesrichter, auch wenn ein Zwischenzeugnis vorliege.

Mit der Betriebsübergabe trete der neue Arbeitgeber in die Stellung des alten ein. Damit sei er auch an den Inhalt des Zwischenzeugnisses gebunden: das gelte für die Beschreibung der Tätigkeit, aber auch für das Urteil über Verhalten und Leistungen des Arbeitnehmers. Vom Zwischenzeugnis dürfe ein Endzeugnis nur abweichen, wenn sich die späteren Leistungen bzw. das spätere Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich eklatant vom früheren unterscheide.

Engländer bewirbt sich erfolglos bei Gärtnerei

Einen Bewerber wegen fehlender Deutschkenntnisse abzulehnen, ist keine Diskriminierung

Der englische Staatsbürger lebt seit 2004 in Deutschland und beherrscht die deutsche Sprache nicht sonderlich gut. Als er sich um eine Stelle in einem Garten- und Landschaftsbaubetrieb bewarb, wies er im Vorstellungsgespräch darauf hin, dass er die deutsche Sprache ganz passabel verstehe, aber nicht gut spreche. Da sehe er kein Problem, antwortete der Arbeitgeber. Nach einem Probearbeitstag wurde der Bewerber dennoch abgelehnt.

Er sei wegen seiner Herkunft diskriminiert worden, warf der verhinderte Gärtner dem Arbeitgeber vor. Er pochte auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und forderte eine Entschädigung von drei Monatslöhnen. Mit der Herkunft des Bewerbers habe die Entscheidung nichts zu tun, konterte der Arbeitgeber. Vielmehr fehlten dem Mann elementare Kenntnisse im Umgang mit Maschinen, die im Landschaftsbaubetrieb zu bedienen seien.

Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage des Engländers ab (14 Ca 10356/07). Ob ihn der Gartenbaubetrieb wegen technischer oder wegen sprachlicher Defizite abgelehnt habe, könne offen bleiben, so das Gericht. Denn auch Letzteres habe nichts mit der "ethnischen Herkunft" oder mit der britischen Staatsangehörigkeit zu tun. Egal, wo jemand herkomme: Unzulängliche Sprachkenntnisse seien bei der Arbeit ein Hindernis. Einen Bewerber deswegen nicht anzustellen, sei zulässig. Schlechte Sprachkenntnisse seien kein Rechtsgut, das vom AGG geschützt würde.

Wer bei der Arbeit ständig daneben liegt ...

... kann wegen überdurchschnittlich hoher Fehlerquote gekündigt werden

Bei den vielen Päckchen, die in einem Versandkaufhaus verschickt werden, kann schon mal ein Fehler passieren. Einer Lager- und Versandarbeiterin passierten aber zu viele Patzer: Immer wieder vergaß sie einzelne Teile oder sie verwechselte Kunden, schickte Artikel an eine falsche Adresse etc. Dafür war sie schon mehrfach vom Chef kritisiert und zwei Mal abgemahnt worden. Bis dann endgültig die Kündigung kam.

Ihre Fehlerquote liege dreimal so hoch wie die anderer Arbeiter und das die ganze Zeit über, so begründete der Arbeitgeber den blauen Brief. Kein Grund zur Kündigung, meinte die Arbeitnehmerin: Sie packe und verschicke täglich so viele Päckchen, da fielen die paar Fehlgriffe gar nicht ins Gewicht. Das sah die Betriebsleitung naturgemäß anders: In dieser Menge sorgten Fehllieferungen für einen Imageverlust bei den Kunden. Darüber hinaus koste es einiges, die Fehler auszubügeln.

Die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin scheiterte beim Bundesarbeitsgericht (2 AZR 536/06). Eine dauerhaft überdurchschnittlich hohe Fehlerquote könne eine Kündigung rechtfertigen, urteilten die Bundesrichter.

Eine schwache Leistung allein genüge zwar nicht für eine Kündigung. Denn der Arbeitnehmer sei vertraglich nur verpflichtet, seine persönliche Leistungsfähigkeit angemessen auszuschöpfen. Wenn die Zahl der Fehler aber die der anderen Arbeitnehmer kontinuierlich um ein Vielfaches übersteige, könne dies doch ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer in schuldhafter Weise seine Arbeitspflichten verletze.

Die kürzere Kündigungsfrist in der Probezeit ...

... gilt unabhängig davon, ob die Dauer der Probezeit angemessen war

Im Arbeitsvertrag war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Für eine Fleischfabrik verrichtete der Arbeiter einfache Tätigkeiten, anscheinend nicht zur Zufriedenheit der Vorgesetzten. Jedenfalls erhielt er nach ca. fünf Monaten ein Schreiben, in dem der Prokurist der Firma das Arbeitsverhältnis "innerhalb der Probezeit zum nächstmöglichen Termin", also in zwei Wochen, kündigte.

Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage: Der Kündigung stehe entgegen, dass es bei einfachen Tätigkeiten unzulässig sei, eine so lange Probezeit zu vereinbaren, argumentierte er. Zumindest müsse für ihn die übliche Kündigungsfrist von vier Wochen gelten. Dem widersprach das Bundesarbeitsgericht (6 AZR 519/07).

Probezeiten dürften nach dem Gesetz (höchstens) sechs Monate dauern, so die Bundesrichter. Während dieser Zeit dürfe der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne Begründung mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Diese verkürzte Kündigungsfrist gelte unabhängig davon, ob die vereinbarte Dauer der Probezeit in Bezug auf die konkrete Tätigkeit angemessen sei oder nicht.

Sittenwidrig: Tariflohn erheblich unterschritten

Dumpinglöhne müssen nachträglich aufgestockt werden

Die "Auspackhilfen" wurden in den Geschäften in und um Bremen überall da eingesetzt, wo Ware schnell ausgepackt und in den Regalen verstaut werden musste. Das Unternehmen hatte mit den Arbeitnehmern einen Stundenlohn von fünf Euro (brutto) vereinbart.

Die Mitarbeiter sind eindeutig unterbezahlt, meinte die Gewerkschaft Ver.di und verwies auf den Tarifvertrag für den Einzelhandel Bremen und Bremerhaven. Danach galt für gewerblich Beschäftigte ein Mindestlohn von 9,70 Euro brutto. Die Gewerkschaft klagte im Namen der unterbezahlten Arbeitnehmer.

Wer pro Stunde fünf Euro zahle, betreibe Lohn-Dumping, erklärte das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven (9 Ca 9331/07). Wenn der Stundenlohn für eine bestimmte Tätigkeit um mehr als ein Drittel unter dem tariflich ausgehandelten Lohn liege, sei das sittenwidrig. Angesichts dieses "Lohnwuchers" müsse der Arbeitgeber die Differenz zum Tariflohn nachzahlen.

"Schlechte Beschäftigungslage"

Vor einer betriebsbedingten Kündigung sind erst Überstunden abzubauen

Für den Beton-Transportbetrieb galt ein Manteltarifvertrag, der eine flexible Jahresarbeitszeit vorsah, angepasst an die Witterungs-und Auftragslage. Das sollte eigentlich Kündigungen wegen schlechter Auftragslage vermeiden helfen. Nichtsdestotrotz kündigte das Transportunternehmen einem Mitarbeiter betriebsbedingt wegen geringer Auslastung der Kapazitäten. Dabei hatte der Arbeitnehmer 90 Überstunden auf dem Konto und viele seiner Kollegen hatten ebenfalls Stundenguthaben.

Beim Bundesarbeitsgericht war die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers erfolgreich (2 AZR 418/06). Die Kündigung sei unwirksam, entschieden die Arbeitsrichter. Der Arbeitgeber hätte zunächst dafür sorgen müssen, dass alle Arbeitnehmer (nicht nur der gekündigte Mitarbeiter) ihre Überstunden abbauen. So hätte das Unternehmen die Gesamtarbeitsstunden senken können.

Genau das sei Sinn und Zweck dieses Arbeitszeitmodells: Arbeitnehmer sollten "in schlechten Zeiten" Guthabenstunden abbauen, damit sich trotz geringer Auslastung betriebsbedingte Kündigungen erübrigen. Eine betriebsbedingte Kündigung wäre nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bereits alle Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeitgestaltung ausgeschöpft hätte und trotzdem noch ein Überhang an Beschäftigung bestünde.